Mystischer Wasserwald bei Hultehouse

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Es gibt Orte, die haben eine ganz besondere Atmosphäre. Hier zwitschern die Vögel lauter, Blätter rascheln geheimnisvoll im Wind, die Strahlen der Sonne wirken wärmer. Euch streift der Atem der Geschichte. Ja, es wird einem ganz spirituell zu Mute. So ein Ort ist die keltisch-römische Siedlung im Wasserwald.

Nasses Moos auf glitschigen Felsen ist gar nicht so selten, jetzt, Ende Januar. Zumal in den Nordvogesen. Immerhin ein Mittelgebirge. Mit bisweilen rauem Charme. Die warme Decke liegt ganz allein zuhause, während mein Mann und ich uns auf einem Felsen, auf meinem Schal, drängeln, die letzten Lebkuchen knabbern und heißen Pfefferminztee trinken. Dackel Nuri inspiziert derweil die Gegend. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre sind wir jetzt schon dem – zumindest am Anfang – gut beschilderten Pfad mit dem gelben Punkt auf den Leim gegangen. Immer hat er uns über unwegsames Gelände, durch matschiges Gras, über rutschige Baumstämme geführt. Man hätte es eigentlich wissen müssen. Mystisch ausgedrückt: Irgendjemand wollte nicht, dass wir so mir nichts dir nichts – oder überhaupt – zum Wasserwald kommen. Einfacher: Wir haben´s vermasselt. Damit euch das nicht passiert, ihr safe and sound am Wasserwald ankommt, findet ihr am Ende des Artikels eine Wegbeschreibung.

Die kleine Ansiedlung ist nämlich ganz leicht über einen gut begehbaren Fußweg von Hultehouse aus zu erreichen. Packt eine Decke zum Draufsitzen ein, eine Thermoskanne mit Tee oder Kaffee und ein paar Brote, Kuchen, Croissants. Was immer euch einfällt. Denn ihr werdet verweilen. Auf den alten Steinmauern sitzen. Durchatmen, zur Ruhe kommen. Auch mal ruhig sein, nicht reden. Eben dem Wald, der Natur, dem besonderen Ort die Kommunikation mit euch überlassen.

Ist das nicht schön? Einfach mal nicht reden!

Die Überreste des Dorfes im Wasserwald aus gallo-römischer Zeit (3. vorchristliches Jahrhundert) befinden sich an der Grenze der Departements Bas-Rhin und Moselle auf einer kleinen Hochebene der Nordvogesen. Die einstigen Bewohner des kleinen gallischen Dorfes gehörten zu dem Stamm der Mediomatriker, die sich erfolgreich gegen die römischen Invasoren (Romans go home!) und deren Kultur zur Wehr setzten. Asterix, ick hör dir trapsen. Sie waren Selbstversorger, lebten das, was historisch gesehen als Kultur der Vogesengipfel gilt.

Seht ihr ihn auch, den blauen Punkt neben unserem kleinen Hund? Muss eine Elfe sein oder so was ähnliches. Natürlich könnt ihr den Wasserwald auch als einen Haufen bemooster Steine, ein paar übriggebliebene Grundmauern betrachten, euch die Sonne auf der Nase tanzen lassen. Aber vielleicht ist da doch noch etwas mehr… Oder ihr stammt, wenn ihr aus dem Saarland kommt, sogar von den ehemaligen Bewohnern, den Mediomatrikern, ab. Ihr seid besonders rebellisch? Allergisch gegen Römertöpfe? Ganz klar: Potentielle Wasserwald-Fans!

Archäologische Fundstücke aus dem Wasserwald könnt ihr übrigens im Musée de Sarrebourg ebendort bestaunen.

Nur ein Haufen alter Steine oder Kraftort? Probiert´s aus!

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Bitte nach links abbiegen!

Ausgangspunkt ist der kleine Weiler Hultehouse oberhalb von Lutzelbourg in den Nordvogesen. Von Lutzelbourg aus schlängelt sich eine Straße nach Hultehouse, die dort in die Hauptstraße übergeht. Dieser folgt Ihr immer weiter nach oben Richtung Chalet Club Vosgien du Limmersberg. An der Kreuzung Rue de la Côté und Route de Dabo seht ihr schon die Wanderwegweiser. Biegt nach links ab. Immer geradeaus, den Berg hoch. Am Wasserhäuschen könnt ihr parken. Oder auch im Ort, der sehr beschaulich ist.

Grenzwertig: Borne

Jetzt wird es ein bisschen tricky. Nur NICHT nach rechts auf den Wasserwaldweg mit dem gelben Punkt abbiegen! Haltet euch links. Der Weg zum Wasserwald war nämlich ehemals mit diesem gekennzeichnet, endet aber im Nirgendwo. Der neue Weg wurde mit dem blau-weißen liegenden Rechteck bzw. dem roten Kreis, und dem grünen Punkt zusammengelegt. Am einfachsten ist es, wenn ihr dem Wegweiser vom Parkplatz am Wasserreservoir aus zum Chalet des Club Vosgien du Limmersberg mit dem gelben Dreieck folgt, am Chalet, das linkerhand liegt, vorbei und immer geradeaus wandert. Ab hier ist der Weg gut ausgeschildert (mittleres Bild) und führt euch schnurgerade zum Wasserwald.

So könnt ihr auch wieder zurückwandern. Auf dem Weg werdet ihr an ein paar interessanten Grenzsteinen aus dem 18. Jahrhundert vorbeikommen, sog. bornes. Für Hin- und Rückweg braucht ihr bei normalem Tempo eine gute Stunde.

Viel Spaß! Grüßt mir die Waldgeister und Ahnen

Stina Julclub Leben bei den Wichteln
#julclubmeinlebenbeidenwichteln

Les délices de la campagne

Warum die Hochebene von Saint Louis in Lothringen einen Besuch wert ist

Es ist vielleicht nicht der spektakulärste Ort am Rande der Nordvogesen, aber die friedvolle Weite der sonnigen Hochebene lohnt einen längeren Spaziergang allemal. Die Rede ist vom lothringischen Saint Louis, das umgeben ist von Weiden, Wiesen und Feldern, kleinen Wäldchen und sonst… recht wenig. Und das ist gut so. So kann man den Blick auf die blauen Berge der Vogesen auch wirklich genießen. Ein knackiger, roter Apfel markiert den Wanderpfad, der gerade durch das Fehlen von Berg und Tal wunderbar kontemplativ wirkt. Obwohl, eine abschüssige Passage bzw. Steigung bleibt euch doch nicht erspart. Entscheiden könnt ihr aber, ob ihr lieber am Anfang aus der Puste kommen, oder am Ende, beim Abwärtsgehen, stramme Waden bekommen möchtet. Findet ihr das Apfel-Symbol erst später, ist das auch nicht schlimm. Im Grunde lenkt die Landschaft eure Füße, trägt euch. Ganz weit weg von allem seid ihr hier. Im wahrsten Sinne des Wortes erhaben über das stressige Gewusel und Gewimmel, welches Menschen sich leider allzu oft abhalten. Ein zwei Bänke gibt es, auf denen ihr verweilen solltet. Am besten mit einer heißen Tasse Tee und etwas mürbem Gebäck. So wird es perfekt. Betrachtet die Kopfweiden, überlegt, was die schon alles gesehen haben mögen. Unter Umständen wohl ebenfalls nicht so viel. Vielleicht sind sie deshalb so alt geworden. Ungefähr in der Mitte eurer Wanderung werdet ihr ein Couvent, einen Konvent finden, der allerdings nicht mehr bewohnt ist. Irgendjemand kümmert sich jedoch. Wohl ein paar rührige DorfbewohnerInnen. Denn da sind junge, gepflegte Bäume und auch das Gebäude selbst macht keinen verlassenen Eindruck. In der kleinen Kapelle, Chapelle Saint-Vincent de Paul, zünden wir eine rote und eine grüne Kerze an. Bei dieser Kombi kann nichts schief gehen. Nur, falls eine Kerzenfarbe einen besseren Draht/Docht nach oben hat.

Saint Louis liegt ca. zehn Kilometer östlich von Sarrebourg, im Nordwesten des Vogesenmassivs, zwischen 215 und 393 m über dem Meeresspiegel. Es gehört zum Departement Moselle des Grand Est, ist Teil des Arrondissement Sarrebourg-Château-Salins und der Pays de Phalsbourg. Freizeitkapitänen wird das Schiffshebewerk in Saint-Louis Arzviller bekannt sein. Nicht weit entfernt liegt natürlich auch das hübsche Städtchen Sarrebourg. 1634, während des Dreißigjährigen Krieges, wurde das Saint Louis vollständig zerstört und entvölkert. Will heißen, wer nicht fliehen konnte, wurde getötet. Erst 1705 siedelten hier wieder Menschen. Immer wieder wurde das Dorf in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich zerrieben. Heute hat die Gemeinde um die 660 Einwohner, les Ludoviciens, deren Vorfahren aus allen Himmelsrichtungen hierher eingewandert sind. So hat der derzeitige Bürgermeister von Saint Louis, Monsieur Gilbert Fixaris, irische Ahnen! Saint Louis ist ein typisches lothringisches Straßendorf. Die eindrucksvolle Kirche liegt genau im Schnittpunkt der beiden Hauptachsen. Verfahren oder verlaufen kann man sich deshalb tatsächlich nicht. Wenn ihr mehr über die wechselvolle Geschichte des Örtchen wissen möchtet, klickt hier.

Unser Geist ist jetzt wirklich Om, im Einklang mit Körper und Seele. Vor allem, weil ich nicht kraxeln muss. Wer mich kennt, weiß, dass ich eher Flachlandtirolerin bin. Tirilli, tirilla! Der erste Zitronenfalter flattert durch die laue Luft, ein Sperber steht hoch am Himmel, ich habe Kuhmist am Schuh, aber es ist… egal!

Glücklich und beseelt machen wir uns auf dem Heimweg, und da entdecken wir:

Les Délices de nos Campagnes

Schade, wir haben eindeutig zu viele Kekse gemampft um hier anzukehren. Aber am nächsten Tag sind wir wieder zur Stelle. Unter dem Motto «De la fourche à la fourchette»*, das im Deutschen nicht so recht klingen mag – verarbeitet Marine Reichheld in ihrem Restaurant und Cateringunternehmen nur frischste Zutaten, überwiegend solche, die dem Bauernhof ihrer Familie entstammen. So können Zwischenhändler, lange Wege, Tierleid vermieden werden. Nun ja, sieht man davon ab, dass Wurst und Fleisch leider noch nicht aus der Retorte kommen. Als echtes Baurenkind weiß Marine, worauf es bei nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln ankommt, bietet gutes Essen Made im Département Moselle an. Zu vernünftigen Preisen. Und was da auf den Teller kommt, kann sich sehen lassen. In unserem Falle ist das:

Eine delikate Gemüsesuppe, gefolgt von einem großen Stück Pizza, und zum Abschluss eine überdimensionale Schwarzwälderkirschtortenvariation. Ja, das Stück war genauso üppig wie das Wort.

Im hinteren Bereich wird ein großer Saal fleißig für Familienfeste, Geschäftsessen usw. genutzt. Gerade gestern hätte sie eine große Kindtaufe gefeiert, erklärt Marine gutgelaunt. Man sieht ihr an: Die Zubereitung von Essen macht ihr Freude. Flugs zeigt sie uns einen Ordner mit Ihren köstlichen Kreationen. Vom pfiffig dekorierten Lachsschnittchen bis hin zum cremigen Bûche de Noël ist alles dabei. Getreu ihrer Maxime , dass jede von ihr zubereitete Mahlzeit von Herzen komme, reist sie sogar bis in die Schweiz, um dort für das leibliche Wohl ihrer Kunden zu sorgen. Will man allerdings einen der zwei bis drei Tische im vorderen Gastraum ergattern, sollte man reservieren. Denn die sind begehrt, kann man von dort doch einen Blick in die Küche erhaschen.

Also, wenn ihr euch kulinarisch verwöhnen lassen möchtet:

lesdelicesdenoscampagnes@gmail.com

Tel: 0033-684732369 (von Deutschland aus)

119 Rue Du 18 Juin, 57820 Saint Louis, France

Hier erfahrt ihr noch mehr über Les Délices de nos Campagnes.

Ihr seht, viele Gründe führen nach Saint Louis!

Saint Louis Nordvogesen Lorraine Lothringen Vosges du Nord

*Von der Gabel auf die Gabel. Wir möchten hier nur spekulieren, dass mit Ersterem die Mistgabel gemeint ist.

Fahrt mal hin!

Stina

Dieser Artikel erfolgte unaufgefordert und unbezahlt.

Traenheim: Zum Weinen schön

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Ich habe Spinnweben im Gesicht, und dabei ist es noch nicht mal Halloween. Nein, der Altweibersommer schüttet seine güldenen Strahlen über mir aus. Und eben auch eine Menge Spinnweben. Nach einer langen Dürreperiode hat es endlich geregnet. Die Natur atmet auf. Eigentlich wollten wir ja auf den Flohmarkt nach Marmoutier. Wer aber stattdessen nach Wasselonne fährt, braucht sich nicht zu wundern, wenn in diesem Vogesenstädtchen sonntägliche Stille herrscht. Wo wir allerdings schon hier sind, können wir auch die Gegend erkunden. Alles im kraftstoffmäßig abgesteckten Rahmen, versteht sich. Wir wollen ja keinen Kredit für einen kleinen Ausflug aufnehmen müssen. Nach Traenheim wollten wir immer schon. Nicht wegen des Namens sondern weil der kleine Ort von Weitem so anheimelnd durch die Weinberge schimmert. Es ist der vierte September. Die größte Hitze ist vorbei. Unser Dackel braucht Auslauf. Und ich liiiebe Weinberge!

Der Altenberg de Bergbieten ist eine elsässische Weinlage. Seit 1983 ist sie Teil der Alsace Grand Cru Appellation, gehört damit zu den 50 potentiell besten Lagen des Elsass. Das Weinanbaugebiet gehört zur Gemeinde Bergbieten, liegt allerdings zwischen den beiden pittoresken Dörfern Traenheim und Bergbieten, ca. 25 km westlich von Straßburg. Das günstige Mikroklima sowie die Bodenqualität lassen die Traube für Riesling und Gewürztraminer zu hervorragenden Weinen reifen. Diese werden derzeit von vier Winzern aus Traenheim sowie einer Genossenschaft produziert und verkauft.

Nur selten gelingt es mir, meinen Mann in die Reben zu locken. Dabei gibt es doch nichts Schöneres als dieses transparente Zusammenspiel aus Weinblättern, knorrigen Stämmen, prallen Weintrauben, in blaudunstigen Nebel gehüllten Bergkämmen. Die Rebstöcke schön ordentlich in Reihen und irgendwie Toscana. Traenheim selbst zeigt sich an diesem frühherbstlichen Sonntagmorgen in strahlendem Sonnenschein. Brunnen plätschern, Schmetterlinge und Schwalben segeln glückselig durch die frische, klare Luft. Vielleicht werden die Schmetterlinge auch von den Schwalben gejagt, flattern um ihr Leben. Nun denn, kein Paradies ist vollkommen. Traenheim also: Ein sauberes, aufgeräumtes Dörfchen mit schmucken Fachwerkhäusern, edlen Weingütern und einem Gasthaus, in dessen lauschigem Innenhof man sich elsässische Spezialitäten schmecken lassen kann. Wein wird hier seit dem Jahre 1050 angebaut. Merowinger und Römer haben in dem kleinen Ort ihre Spuren hinterlassen.´´´ Von wegen Wein und dem guten Klima für die Knochen.

Folgt einfach der Hauptstraße, und ihr findet linkerhand eine große Schautafel mit Standortbestimmung. Sentier Viticole klingt verlockend, und schon durchwandern wir in einem großen Bogen Weinberge und Dorf. Dazu braucht man inklusive kleiner Pausen auf den Aussichtsbänken nicht mehr als eine Stunde. Diese Zeit solltet ihr euch allerdings nehmen, da ihr großartige Ausblicke auf die Vogesen wie die elsässische Ebene genießen könnt. Wenn ihr die die Informationen auf den edlen Plexiglastafeln allesamt lesen möchtet, solltet ihr eine halbe Stunde mehr einplanen. Alternativ könnt ihr den Sentier Viticole auch an der Place de la Fontaine beginnen.

Le Loejelgucker: Ein stilvolles, nicht ganz billiges, dafür exquisites Gasthaus aus dem 18. Jahrhundert. In Gaststube, Winstub und Gewölbe kommen FeinschmeckerInnen auf ihre Kosten Natürlich darf der Flammkuchen, die tarte flambée nicht fehlen. Montags- bis Freitagsmittags gibt es die Plat du Jour, entweder Vorspeise und Hauptspeise oder nur Hauptspeise, zu einem überaus guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Sehenswert: Die Wandmalereien von Jean
Cramer
aus dem Jahre 1946, die die Arbeiten im Weinberg im Jahreslauf zeigen.

Le Loejelgucker – Auberge de Traenheim

Einen gelungenen Ausflug zu diesem sonnenverwöhnten Fleckchen Erde stelle ich mir so vor: Erst eine kleine Wanderung durch den Sentier viticole, dann die Einkehr im Le Loejelgucker. Bei einem guten Glas Wein könnte man auch schon eine Fahrradtour planen, die sich, auf der ebenfalls hier verlaufenden, idyllischen Route des Vins anbietet. Gen Abend machen sich WeinkennerInnen während einer Weinprobe mit den Spitzenerzeugnissen der hiesigen Domänen vertraut. Dann allerdings braucht man einen BOP, eine noch bewusst operierende Person, die einen wieder nach Hause kutschiert.

Fahrt mal hin

Stina

Wandern für Hasenfüße: Das Ostertal im Sankt Wendeler Land

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Die Ostertalrunde zwischen Herchweiler und Marth: Rundherum wandert ihr 13,3 km, in zwei Hälften geteilt eine Strecke 7,2, die andere 6,1 km. Nach Adam Riese. Und wenn es nach mir ginge, der halbe Wegstrecken allemal lieber sind als solche, an deren Ende Wandernde mit hängender Zunge, kaltem Schweiß auf der Stirn und dem Vorsatz, niemals mehr auf Schusters Rappen zu tappen, ins Gras sinken. Zumal: Zu einer guten Wanderung gehört für uns auch ein hübsches Picknick. Eine Zäsur. Knapp über der Hälfte des Wegs angesiedelt, damit die Strecke danach nicht mehr so weit ist. Eine erholsame Verschnaufpause. Nicht zu lange, damit man hinterher nicht versucht ist, ein Taxi in den Wald zu beordern. So.

Schön, wenn der Anlass zu einer Wanderung ein Geburtstagskind ist. In diesem Fall mein Mann und schon ein recht altes. „Ostertal“ – Das klingt doch hervorragend. Nach blühenden Obstbäumen, Bienengesumsel, hoppelnden Hasen und – vor allem – Tal. Im Gegensatz zu Berg.

301 Höhenmeter. Das schaffen wir. Locker. Hochmotiviert parken wir unser Auto am Ortseingang von Osterbrücken, vor der E-Bike-Ladestation Brückenstraße. Eine große Übersichtstafel erklärt uns, wie wir gehen können. Ganz oder halb. Die Sonne steht schon nicht mehr im Zenit. Wir entscheiden uns für eine Hälfte links herum, folgen der quirligen Oster, die in voller Renaturierung begriffen ist, Richtung Seitzweiler. Schautafeln erklären uns Flora und Fauna auf diesem Fleckchen Erde. Helles, fast weißes Licht fällt durch zartes Knospengrün. Wir wandern entschlossen an dem sprudelnden Bächlein vorbei. Trollblumen leuchten, Vögel zwitschern. Frühlingsidylle. Leider verläuft linkerhand eine Landstraße, was allerdings durch den zauberhaften Weg, und die Tatsache, dass zwischen uns und der Straße üppige Gärten blühen, gar nicht so ins Gewicht fällt. Zumal die Strecke jetzt eine kleine Rechtsbiegung macht und den Blick auf sattgrüne Auen freigibt. Hinter unserem Rücken klingelt ein Fahrradfahrer über die Maßen. Folgsam treten wir zur Seite. Jeder auf seine. Der ältere Herr auf dem schnittigen Mountainbike moniert, dass er durch unser unüberlegtes Aufteilungsmanöver jetzt über die Grasnarbe in der Mitte des Weges fahren muss. Ungünstig. So ein Mountainbike, das über ein paar Büschel Grün fahren muss… Dachte eigentlich, dies sei eine seiner leichtesten Übungen. Aber bitte. Fröhlich winkend, da offenbar argen Stimmungsschwankungen ausgesetzt, radelt der Herr jetzt weiter. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf ein paar Rehböcke am Waldesrand. Am Ortsrand von Seitzweiler biegen wir rechts über eine Brücke und betreten einen lichten Frühlingswald. Joj! Ganz schön viele Brennnesseln. Zwar noch niedlich klein, aber für unser geplantes Picknick kontraproduktiv. Auf einer kleinen Anhöhe schlagen wir endlich unser Lager auf dem weichen Laub des Vorjahres auf. Auch wenn erst ein Drittel des Wegs hinter uns liegt. Unsere Knapp-über-der Hälfte-Picknick-Maxime werfen wir lässig über Bord. Um uns herum Buschwindröschen. „Kann man die essen?“, fragt mein Mann. Ich merke, er hat Hunger. „Ja“, sage ich, setze dann aber freundlich hinzu: „Wenn dies dein letzter Geburtstag hier auf Erden sein soll.“ Gerade wollen wir unsere Decke ausbreiten, da ruft uns eine jäh auftauchende Reiterin, die ihr Pferd an der Leine spazieren führt, zu, wir sollen doch bitte nicht so mit der Decke wedeln, da sonst das Pferd scheue. Aber auch sie entschwindet fröhlich winkend. Wir warten auf die dritte wundersame Begegnung in diesem märchenhaften Tal der ängstlichen Mountainbiker und spazierenden Reiter. Doch es ruft nur verhalten „Kuckuck“ aus dem Wald. Verstohlen schauen wir uns um, wedeln noch einmal kurz, dann liegt die Decke.

Sturmumtoste Feenpfade

Eine selbstgemachte Spargel-Lachs-Quiche nach dem Rezept meiner Freundin Sabine, bunte Petits Fours vom Konditor und, unsere neuste Errungenschaft, alkoholfreier Sekt werden ausgepackt. Wir prosten uns zu, schmausen, genießen die Aussicht. Das Pferd- bzw. Reiteraufkommen hinter unserem Rücken ist recht hoch. Wir packen zusammen, bevor wir den Weg nur noch rollend bewältigen können. Des Rätsels Lösung (Pferde/Reiter) nach einem leichten Anstieg ist ein Reiterhof, wo eine Menge kleiner Mädchen mit Reiterbombe aufgeregt geduldige Pferde striegeln.

Es geht, immer noch bergan, durch das Örtchen Herchweiler, dann auf eine windige Anhöhe mit herrlichen Aussichten über das Sankt Wendeler Land. Der Weg verläuft eben. Vor uns drehen sich Windräder. Was passiert eigentlich, wenn so ein Flügel sich löst? Mein Mann meint, das sei gar nicht so selten. O.K., ich lege einen Zahn zu. Wer hätte gedacht, dass wir heute auch noch Nordsee-Flair abbekommen! Und einen Sonnenbrand auf dem Nasenrücken. Den kleinen Wege, die ab und an abzweigen, sollte man ruhig ein paar Meter folgen, bevor man wieder auf dem Hauptweg weitergeht, da man 1) zauberhafte Feenwege entdeckt, und 2) mit nochmals anderen Aussichten belohnt wird, und zwar jetzt auf Osterbrücken, Ausgangspunkt und Ziel der etwas 2 ½-stündigen Rundwanderung.

Ostertal Obstbaumwiesen Sankt Wendel Saarland Wanderung

Recht zügig, da wir jetzt Rückenwind haben, werden wir, indem wir uns von einer Weggabelung aus nach rechts wenden (und auch rechts halten!) Richtung Osterbrücken getrieben. Hier scheint die Zeit stehen geblieben. Der beschauliche wie überschaubare Ort hat die Ruhe weg, überrascht mit schön restaurierten Bauernhäusern, einem alten Schulhaus usw. Liebe Leute, wenn ihr hier seid: Ruht noch etwas auf einer Bank aus, beobachtet die Spatzen, die zwitschernd und gar todesmutig über die Dorfstraße schwirren. Ich für meinen Teil sitze da, schlürfe das letzte Schlückchen Sekt und wundere mich, dass es in diesem kleinen Saarland noch solch urige Ecken gibt. Fühle mich durchgepustet, müde aber glücklich. Denn die Wanderung hat gerade noch mal so zu ihrem Ende gefunden. Juchhe!

Der Weg ist gut mit dem Symbol für die Ostertal-Runde ausgeschildert. Wenn ihr nicht sicher seid, bleibt auf dem Hauptweg; ihr werdet bald ein Hinweis-Schild entdecken. Die Runde war abwechslungsreich, nicht zu anstrengend. Ein bisschen müde war ich schon vorher. Das geplante Geburtstagsmenü für das Geburtstagskind schaffe ich an diesem Abend zwar nicht mehr, stattdessen kocht mein Mann seine Spezial-Spaghetti. Aber den Tag drauf wird es das Kreolische Hähnchen mit Reis geben. (Rezepte folgen!)

Liebe Leute, in diesen Zeiten solltet ihr die Feste, auch wenn es nur im engsten Kreis ist, feiern. Oft sind die kleinen Events ja sowieso schöner, da ihr euch mehr umeinander kümmern könnt. Denke fast, so eine kleine Wanderung mit Picknick an Stefans Geburtstag könnte zur Tradition werden. Auch wenn ich noch daran arbeite, die wirklichen Tal-Wanderungen zu entdecken. Und damit meine ich keine Tal-Fahrten. Die kenne ich schon. Übrigens könnt ihr euch das Ostertal auch mit dem Fahrrad, auf gut markierten Fahrradrouten, erschließen.

Ostertaldackel

Und tatsächlich können Pferde, so erfahre ich von meinem Bruder, scheuen, wenn gedankenlose Picknicker mit der Decke wedeln. Schäm.

Einen schönen Frühling wünscht euch Stina

All along the watchtower

wanderung saarland
Schaumberg_wandern

Ich weiß nicht, warum, aber jeden Frühling entdecke ich die mystische Ader in mir. Kein Kelten-Stein im Dreiländereck, den ich nicht schon ehrfürchtig mit den Fingerspitzen berührt hätte. Der Grat zwischen Wissenschaft und Mystik sei ein schmaler, habe ich unlängst einen Archäologen sagen hören. Nun, als Artus-Fan und ewige Leserin des wunderbaren Romans Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer Bradley bin ich im Saarland ja nicht ganz verkehrt, wo es sogar eine keltische Fliehburg gibt, auf die ich im zarten Alter von 19 geklettert bin: Im Volksmund Hunnenring genannt. Damals habe ich für die letzten 10 Mark meinen klapprigen VW betankt um des Nächtens ganz alleine zu diesem Ringwall zu düsen. Im Schneidersitz habe ich mir dort die geschichtsträchtige Luft um die Nase wehen lassen. Wirklich: Nur ich alleine. Keine andere Menschenseele. Außer vielleicht die Geister derer, die hier vor langer Zeit lebten. Angst hatte ich keine, denn Morgane, in meiner Vorstellung nicht bösartige Zauberin sondern pure Frauen-Power, war mit mir. Mut entsteht also nicht nur durch Mangel an Phantasie sondern auch durch ein Zuviel davon. Wenn ich heute daran denke… kann ich meine Mutter verstehen, die, ein Kissen in den Rücken gestopft, unruhig darauf wartete, dass sich der Schlüssel im Haustürschloss drehte. Zum Zeichen meiner Verbundenheit mit den Bewohnern der Apfelinsel malte ich mir allmorgendlich mit Kugelschreiber einen kleinen blauen Halbmond auf die Stirn. Grund genug für einen ambitionierten Kommilitonen mir bei etwaigem Gesprächsbedarf ein offenes Ohr anzubieten. Derartige Wirklichkeitsfluchten, befand er, könnten zum ernsthaften Problem werden. Ob ich gar Mitglied einer mich verschlingenden Sekte geworden sei. Nicht doch! Auch heute noch möchte ich ihm zurufen: „Don´t panic, it´s organic and leeebensnoootwendig!“ Doch nun zum Schaumberg.

Wandern. In Maßen. Und gerne mystisch

Ich kann sie euch nur empfehlen: die Tour rund um und auf diesen kegeligen Berg. 568 m über dem Meeresspiegel, und damit acht-höchste Erhebung im Saarland. Mein Mann hatte die Wanderung zum dazugehörigen Schaumbergturm vorgeschlagen. Nach einigem Murren meinerseits, da ich mich im Geiste sowie im Schweiße meines Angesichts einen Berg hochquälen sah, die Überraschung: Die Wege schlängeln sich moderat zum Aussichts-High-End hinauf, wo man sich auf der urigen Alm direkt neben dem Turm eine zünftige Brotzeit zu Gemüte führen kann. Wenn nicht gerade Corona wütet. Verlaufen kann man sich, wenn man den diversen Wander-Symbolen und Schildern folgt, eher nicht, weil der Schaumbergturm auf der Bergspitze, egal von welcher Seite aus, das Ziel ist. Auf dem Weg zum Gipfel haben wir sogar Wege miteinander kombiniert und abgekürzt, eine Vorgehensweise, von der normalerweise unbedingt abzuraten ist. Mit dem Elan eines jungen Rehs bin ich von mystischem Stein zu mystischem Baum gehüpft, ohne außer Puste zu kommen. Da war mindestens ein guter Waldgeist mit im Spiel!

Dem Wanderwilligen stehen Touren unterschiedlichster Levels und Längen, auch Rundwege, zur Verfügung. Da wäre der 2,8 km lange, steigungsarme Herzweg mit wunderbaren Panoramen, Kraftorten und Ausstellungsobjekten des Künstlerprojekts Gipfelkunst. Oder der historische Lehrpfad mit dem Tholix-Druiden entlang einer römischen Festungsmauer: Nicht zu vergessen die kulinarische Schaumberg-Tafeltour mit dem Kochmützen-Symbol, ein Premium-Wanderweg der regionalen Genüsse. Dann der 110 km lange Fünf-Kreise-Weg sowie der fast 40 km lange Gemeinde-Rundwanderweg mit allen neun Stadtteilen Tholeys. Wir parken gegenüber der Vicus-Sauna, folgten der Beschilderung Schaumbergturm bergauf zum Wanderparkplatz Schaumberg-Plateau. Hätten also auch bis hierher fahren können. Die Mohnblüten-Skulptur der Künstlerin Ursula Bauer aus knallrotem Plexiglas begrüßt uns schon von Weitem. Von diesem Einstiegsplateau aus hat man einen ersten wunderschönen Ausblick. Vorbei geht´s an Stationen des Bogensport-Parcours. Die lebensechten Tierfiguren sind aber auch – oder gerade – ohne Pfeil und Bogen eine Augenweide.

Eure einzige Sorge sollte sein, dass man sie verpasst, da sie so natürlich in der Landschaft rumstehen. Leicht zu verwechseln mit den echten Rehen, die friedlich im Gebüsch äsen. Alle Pfade sind sehr gut ausgeschildert. Auch wenn man mal abweicht: Behaltet den Turm im Auge und ihr seid wieder auf dem Weg! Oben angekommen könnt ihr auf einer Relaxbank den atemberaubenden Blick über Saarland bis zu Hunsrück und Vogesen genießen.

Schaumbergturm Aussicht Wandern

Kurz vor dem Schaumberg-Gipfel kommt ihr am sog. Kelten- oder Klapperstorch-Stein vorbei, einem bastanten Fels mit Mystikpotenzial. Der Sage nach konnte er dabei helfen, Familien ein zweites Kind zu bescheren. Einmal umkreisen ein Brüderchen, zweimal ein Schwesterchen. Ein prima Upgrade vom keltischen Opfer- zum altdeutschen Kinderwunsch-Stein. Zahlreich sind die Sagen und Mythen im Schaumberger Land. Neben einem kopflosen Pferd – oh, nein! – soll auch der römische Stadthalter Varus bei einer Wettfahrt mit dem Teufel den Kürzeren gezogen haben. Eine goldverzierte Deichsel seines Rennwagens sei so nah unter der Erdoberfläche vergraben, dass ein Hahn sie ausgraben könnte.

Schaumbergturm
Überblick

Wenn ihr die Deichsel dann gefunden habt, könnten euch auch folgende Sehenswürdigkeiten in der Umgebung locken:

Tholey: Gemeinde im Landkreis St. Wendel keltischen Ursprungs mit

Deutschlands ältestem Kloster, einer Benediktiner-Abtei (750 n. Chr.)

Wendelinus Pilgerweg

Hofgut Imsbach: Historischer Landschaftspflegehof mit Hotel, Restaurant und abwechslungsreichem Parkglände

Johann-Adams-Mühle: Reetgedeckte Wassermühle aus dem 19. Jh. mit Mühlenmuseum und urigem Gasthof

Premium-Wanderweg Offizierspfad Imsbach, der an dem idyllischen Hofgut Imsbach und der lauschigen Johann-Adams-Mühle vorbeiführt.

Sauna Vicus: Römisch angehauchte Wellness-, Bad- und Saunalandschaft

Lehrpfad Via Vari, Tholey, auf den Spuren der Römer

Es gibt eine Vielzahl von Führungen und Events zum Thema Kelten und Römer. Große wie kleine Hobby-Archäologen finden hier fachkundige Anleitung. Aber auch Kräuterwanderungen und diverse Märkte, wie den Wein- und Käsemarkt auf dem Schaumberg.

Ausführliche Infos zum Wandern und Entdecken rund um den sagenhaften Berg findet ihr hier und hier.

Köllertal Püttlingen
Reizvoll: Das Köllertal bei Rittenhofen im März

Wegen Corona wandern wir jetzt von zuhause aus. Denn wie man oben sieht, liegt das Gute oft ziemlich nah. Trotz Corona: Genießt die frische Luft. Im Freien kann man prima Abstand halten. Es gibt nur einen Frühling 2020.

Eure Stina