In Püttlingen kennt ihn jeder. Selbst Zugezogene wie ich kommen an ihm nicht vorbei. Herry Weiland ist ein Tausendsassa. Ohne ihn wäre die Stadt um einen Kulturschaffenden ärmer. Wobei sich „Kulturschaffender“ vielleicht zu hochtrabend anhört, denn Herry ist vielmehr ein Kulturschaffer. Bodenständig. Unermüdlich im Einsatz. Vielleicht ist er sogar der einzige. Die Stadt Püttlingen besinnt sich kurz vor knapp auf einen Weihnachtsmarkt: Herry trommelt Kunsthandwerker und fahrendes Volk zu einem richtig schönen Event mit mittelalterlichem Flair zusammen. Als Väterchen Frost verkleidet spaziert er in einem der folgenden Jahre über einen – diesmal russischen – Weihnachtsmarkt, den er direkt vor seiner Kneipe veranstaltet. Ob Little Wladiwostok, Little Woodstock oder Schlagerkonzert in der Stadthalle – Herry organisiert, musiziert, motiviert. Manchmal gleichzeitig. Allein, mit anderen. Wie macht der Mann das? Ich glaube, er kann nicht anders. Irgendwie dreht sich hier alles sputnikartig um Herry und seine Events. Die regionale Musikszene – und die ist im Köllertal ziemlich viral – dankt es ihm. Auf seiner Website bezeichnet er sich als Musiker, Laienschauspieler, Tierfreund, Lebenskünstler, Genußmensch, Idealist, Träumer, Organisator und: Mensch. Stimmt, und ein kreativer dazu. Ein bisschen Hippie, trollt Herry durch seinen Kulturgarten in Vogelsbüsch, schnuppert hier nach neuen Events, rührt die (Werbe-)trommel und lässt sich von allen mögichen Kulturen inspirieren. Ein Herz für Volkskunst hat er auch. Schön z.B., das Mandolinenorchester in Vogelsbüsch, das trotz Eiseskälte beselt und unverdrossen Weihnachtslieder spielt, während die Besucher sich die Finger am Glühwein wärmen. Dann öffnet Herry sogar die Gute Stube. Gemütlich.
Seit 2016 ist er also Wirt in Püttlingen. War er früher schon mal, ich weiß. Im Karlsbergfaß kann man sein Bierchen zischen, richtig gut Bürgerliches essen. Von Spaghetti à la Oma bis Currywurst mit Pommes. Dienstags verwandelt sich das Karlsbergfaß in ein Musikpub, in dem lokale wie überregionale Musizierende in lockerer, gemütlicher Atmosphäre aufspielen. Eine Musikkneipe – wo gibt es das noch? Selige Zeiten scheinen vor meinem inneren Auge auf. Hängerchen aus indischer Baumwolle, hennarote Haare, langmähnige Jungs mit flachbesohlten Wildlederschuhen. Nächtliche Fahrten in altersschwachen Enten mit Revolverschaltung und übervollem Aschenbecher. Die Musikkassette scheppert Bob Marley und wir wailern mit. Mini Stroboskop über Mini-Tanzfläche. Am Tresen der Oppa. Nun, wer von den inzwischen Ü-50-Jährigen glaubt, er müsse ganz allein im stillen Kämmerlein zerkratzte LP´s rauskramen sowie nusstrockene Räucherstäbchen entzünden, der kann sich jetzt auf die Hufe schwingen und entdecken, dass es immer noch gute Musik gibt. (Hab ja auch gedacht, die hätte in den Achtzigern urplötzlich das Zeitliche gesegnet!). Vergesst London, Berlin, New York. Hier gibt´s richtig gute Mukke auf die Ohren. Mit Herzblut präsentiert von Püttlingens Allrounder. Und lustig ist er auch noch. Trommelt nicht selten sogar mit. Fällt ein Act aus, organisiert er flugs eine seiner zahlreichen Formationen und singt. Das kann er auch.
Im Karlsbergfaß trifft sich jung und Alt. Das ist das Schöne. Wochentags zum Kartenspielen. Dienstags um mit dem Leben zu toben. Reserviert euch einen Tisch. Es kann eng werden. An lauen Sommerabenden kann man draußen sitzen, Musik hören, klönen, Glühwürmchen gucken. Supernette, aufmerksame Bedienung inklusive. Besser als Fernsehen.
In der Vorweihnachtszeit solltet ihr Die Rockenden drei Könige nicht verpassen. Na klar, mit Herry am Schlagzeug. Traditionelle Weihnachtslieder überraschend arrangiert. Und Maas-Attacks ist auch hier gefährlich gut. Bisweilen trifft Südamerikanisches Irische Folklore. Simon Kempston, auf der Durchreise, eingefangen von Herry – Wie hat er das nun wieder gemacht? – entführte mit wunderschönen Balladen und eigenwilligem Gitarrenspiel nach Schottland. Hej Leute, Stars zum Anfassen! Äh, ich meine… Wer ihn übrigens nicht gehört hat, kann ihn auf seiner Website besuchen und eine CD erstehen.
Vorbeischauen solltet ihr auch im Gasthaus Sutor, wenn hier die Faschingsparty mit Sektbar und Schnittchen steigt. Eine alte Tradition, die wir schon verloren glaubten. Wenn nicht… Vielleicht sieht man sich ja mal, dienstags, in Püttlingen, direkt an der Biegung der Köllerbach.