Nürnberg!

Nürnberg Weißgerbergasse Reisetipp Städtetrip

Immer schon wollte ich einmal nach Nürnberg. Am besten in der Vorweihnachtszeit. Dachte an das Christkind (samt Christkindlesmarkt), das zu Beginn der Adventszeit segnend seine Arme über die Marktbesucher breitet, mich mit seiner Rede jedes Jahr aufs Neue zu Tränen rührt, weil die Botschaft eine einfache, leicht zu verstehende, jedoch nicht minder schwer umzusetzende ist. Jedes Jahr zu Weihnachten schaue ich mir die medienwirksame Veranstaltung via Internet an, und jedes Jahr schiele ich in die linke Gehirnhälfte um – vergebens – meine Ratio einzuschalten. Nürnberg war bislang so etwas wie der fliegende Holländer meiner Reisewünsche. Spukte, durchsetzt von diffusem Lebkuchenduft, überstrahlt von festlichem Lichterglanz, in meinem Kopf herum, war aber nicht zu greifen. Eigentlich wusste ich gar nicht mehr, ob es wirklich Nürnberg war, wohin ich wollte. Stand es vielleicht nur stellvertretend für etwas, was man sucht, aber nicht beschreiben kann? Etwas, das dann doch nicht so wichtig ist, als dass man es in die Tat umsetzte? Oder für etwas, das gar nicht real werden sollte, weil meine Vorstellungen, gewonnen aus zahlreichen historischen Romanen, nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben würden?

Der Schöne Brunnen. Einfach am schwarzen Ring drehen, und deine Wünsche werden wahr.

Eines Tages Ende Oktober rief mein Mann mich auf der Arbeit an und meinte, wir führen übers Wochenende dann also nach Nürnberg. „Ach!? Ziemlich weit.“, gab ich gleichermaßen überrumpelt wie skeptisch zu bedenken. „Wir wechseln uns ab.“, meinte mein Mann gelassen. Plötzlich nahm dieses seltsame Nürnberg Gestalt an. Jemand hatte meinen alljährlich geäußerten Wunsch tatsächlich ernst genommen. Ich dachte. Dachte, klar, auch an die Nürnberger Prozesse. An Fremdenfeindlichkeit, inszenierten Nazigrößenwahn. Aber auch an Dürers Hasen. An Lebkuchen. Die Meistersinger. An mein Christkindl. Wir reisten also in eine ambivalente Stadt. Eine Stadt, erbaut auf felsigem Grund. In mehrerlei Hinsicht. Mit über einer halben Million Einwohnern. Die zweitgrößte Stadt Bayerns. Im zweiten Weltkrieg zu 90 % zerstört. Studentenstadt. Kulturhochburg. Freitag, Samstag, Sonntag: Ab mit Lottchen!

Spätestens ab Heidelberg wandelte sich unser Automobil in einen History-Train. Stulle und Thermoskanne inklusive. Denn welcher Mittelalteraffine würde bei Ortsnamen wie Wolframs Eschenbach nicht ins Schwärmen geraten? Tiefhängende Wolken waberten über Burgruinen, über dicken, runden Bergfrieden wehten herzögliche Wimpel mit Wildtierheraldik zwecks Ritterromantik.

Und dann: Das Leonardo Hotel. Leute, es liegt in einer ziemlich heruntergekommenen Gegend. Die Fassade ist gerade noch so einladend. Der Empfang ist jedoch freundlich, die Zimmer recht schnuckelig, Hunde sind erlaubt, es gibt eine Dachterrasse, und das FRÜHSTÜCK: GROSSARTIG!  Das Beste aber: In nicht mal fünf Minuten seid ihr an der Stadtmauer, z.B. am Spittler Tor, Eingang zu Nürnbergs Zentrum. Damit in einer Stadt, die ziselierte gotische Bauwerke mit Sechzigerjahre Stahl und Glas gekonnt und lässig zu vereinen weiß. Deshalb wirkt Nürnberg historisch gewachsen, jedoch keineswegs antiquiert. By the way könnt ihr auch durch jedes andere Tor in die quirlige Stadt eintauchen, denn die Altstadt der fränkischen Metropole ist von einer Stadtmauer umgeben, an der sich zudem ein hübscher, 5 Kilometer langer Stadtgraben entlangschlängelt. Den Grabenspaziergang im südlichen Stadtgraben, auf dem es Spannendes rund um Biodiversität zu entdecken gibt, kann ich nur empfehlen.

Auf dem Weg zu den Fußgängerzonen rund um den Weißen Turm ist erstmal Orient angesagt. Für uns heißt das: Ein Päckchen mit delikatem arabischem Gebäck von Elan und Ranya, Ludwigstraße 67, und eine frischgepresste Obstkreation von Fruchthaus Strawberry am Jakobsplatz mit einem unglaublichen Angebot an z.T. recht exotischen Früchten. Das Zentrum bequem und fußläufig zu erkunden, mit Hund? Kein Problem. Am berühmten Ehekarussell– oder Hans-Sachs-Brunnen klettern Kinder über die deftigen Szenen einer Ehe, sodass einige Bronzefiguren schon Teile ihrer Goldauflage eingebüßt haben. Ganz wie so manches Eheleben. Dieser Brunnen ist übrigens der größte Figurenbrunnen des 20. Jahrhunderts in Europa. Seine Entstehung verdankt er dem Gedicht Das bittersüße eheliche Leben, welches der Nürnberger Schuhmachermeister und Meistersinger Hans Sachs für seine Gattin geschrieben hat. Sozusagen exponiert tanzt der handwerklich geschickte Dichter selbst auf einer Art riesigem Maiskolben. Warum? Da können wir jetzt gerne spekulieren. Eine ausführliche, aufschlussreiche Deutung des Brunnens findet ihr hier.

Arabisches Gebäck Elan Ranya Nürnberg Bäckerei
So schmeckt der Orient

Daneben wacht also der Weiße Turm, drumherum wuselt das Leben. Mit Weiß hat der Turm, Teil der vorletzten Stadtmauer von ca. 1250, nur noch insofern zu tun, als dass er es nicht mehr ist. Weiß, meine ich. Mein Mann knabbert an seinen Nürnberger Bratwürstl vom Büdchen. 3 im Weckla. Nürnberg spielt nicht nur städteplanerisch auf verschiedenen Ebenen, es scheint als wäre die Luft erfüllt vom rauschenden Raunen unterschiedlichster Zeitalter, die uns staunend zwischen all den Sehenswürdigkeiten, Leuchtreklamen, Einkaufstaschen, Essensdüften umhertaumeln lassen. Über Brückchen, Treppen, Schrägen. Ja, sind wir schon auf dem Narrenschiff? Die Stadt ist offen, luftig, wie die Leute hier. Fachwerk, Gotik, Sixties. futuristische Glasfassaden. Passt scho´. Der Regen wird immer stärker. Wir sind im Nürnbergfieber. Geschäfte gibt’s hier! Inklusive dessen, was wir von zuhause als Versandhaus kennen, nur eben als livehaftigen Konsumtempel. Trotz der vielen Leute bleibt es irgendwie beschaulich. On a du temps.

Wir müssen noch unbedingt zu Gudrun Sjödén, dem Eldorado für Fans nachhaltiger, kunterbunter Mode für die wagemutige Frau. Made in Sweden. Bei Gudrun ist es heimelig, farbstark, würde sie wohl sagen. Wir tauchen ein ins Farbenmeer, werden von ihm umfangen, wandeln durch Blumenmuster, Punkte, Streifen. Eine Art textiler Mutterleib, dieser Konzeptladen: Rot, rot, rot, grün, grün, grün, blau, blau, blau, gelb, schwarz, weiß, orange, lila. Die Verkäuferinnen ebenfalls ein Erlebnis: Sjödén as Sjödén can. Von Kopf bis Fuß. Sehr kompetent, sehr engagiert. Eine verschworene Gemeinschaft. Corporate Identity. Ich erzähle ihnen, dass ich aus den alten Katalogen Kollagen mache. Wo man sich zuhause fühlt, wird man schon mal mitteilsam. Mein Mann versucht unauffällig im massiven Holzboden zu versinken. Plötzlich stehe ich in der Umkleide. Bin verwandelt. Eine Gudrun-Sjödén-Walküre! Meinem Mann schwant Böses, er steht ja mehr auf italienischen Chic. Ich aber fühle mich wohl in meiner weiten Bluse, dem superbequemen Unterkleid mit praktischer Tasche für Krimskrams. Und wisst ihr was? Vor lauter Farbenpracht habe ich doch vergessen zu fotografieren. Deshalb nur Außenbilder. Da muss ich nochmal hin.

Voll also der Städtetrip-Marathon. Zwischendurch ins Hotel. Ein Nickerchen. Abends ins Côcô Taste of Asia Sushi in der Schlotfegergasse 2. Das Essen ist frisch, verzichtet auf übliches Glutengelage. Zu einem wirklich guten Preis. Wer mag, bekommt Vegetarisches, sogar Veganes. Fusionsküche at its best! Das Ambiente gibt sich schnörkellos, das Publikum ist gemischt. Und es ist nicht weit zum Hotel. Klaue ein Bierdeckelchen. Blau, Weiß, Rot, Rosa. Ich liebe japanische Holzschnitte!

Am nächsten Tag: Wieder lassen wir uns einfach durch Nürnberg treiben, trinken ein alkoholfreies Bier im Irish Pub (Grässlich laut und überall Fußball) kaufen nochmal Gebäck von Elan und Ranya bei dem supernetten Verkäufer. Auch das muss einfach sein: Meistersinger-Lebkuchen in nostalgischer Dose für die Schwiegereltern aus der Lebküchnerei Wicklein am Hauptmarkt, wo ihr das leckere Backwerk im Café gleich selbst probieren oder sogar an einem Lebkuchen-Workshop teilnehmen könnt.

Kürbis Fest Halloween Erntedank Julclub
Was sich aus einem Gudrun-Sjödén-Katalog sonst noch alles machen lässt…

Eigentlich sollte das Wetter heute besser sein. Wir schlendern an den berührenden Stehlen der Straße der Menschenrechte am Germanischen Nationalmuseum vorbei. Die Sonne kommt raus. Eine Ahnung, wie genial es hier im Sommer ist. Der Handwerkerhof ist irgendwie Disneyland. Eine mittelalterliche Gasse für Hobbits. Es riecht nach Bratwurst, Bier und Zimt. Und es ist ziemlich eng. Wer möchte, kann in den mannigfachen Werkstätten den Meistern bei der Arbeit zusehen.

Wo ist denn jetzt der berühmte Wunschring am Schönen Brunnen? Mir wird ganz schwindlig von der wahnsinnig aufwendigen Schmiedearbeit. Wahrscheinlich befindet er sich am Kopf der kleinen Schlange aus Glücksrittern, die sich links neben mir gebildet hat. Wunschlos glücklich kehren wir beim Spiessgesellen ein. In der historischen Gastwirtschaft im Alten Rathaus genieße ich den besten Obatzda meines Lebens. Mit Blick auf den weitläufigen Marktplatz sowie roten Zwiebeln. „Ein Geheimrrrezept“, raunt der Kellner in sanftestem Fränkisch. Drinnen, im urigen Gewölbe, kann man wahlweise an langen Tafeln oder in intimen Nischen speisen. Manchmal kommt ein mittelalterlicher Henker vorbei und köpft hoffentlich nur die Radirübe. Unser Dackel sieht einen Dobermann und verrückt den Tisch um einen Meter fünfzig. Zünftig. Ich sinniere, dass ich zu einem Achtel Bayer bin. Daher also die Vorliebe für gehaltvolle Mehlspeisen, zermantschten Camembert sowie kümmel- respektive anislastiges Brot.

Auf dem Heimweg landen wir – SuperGAU für meinen Geldbeutel – bei Rosegardens in der Vorderen Sterngasse 24. Schon von weitem sehe ich sie: Die witzigen, zarten Tieraquarelle von Hannah Dale, die mir zum ersten Mal in Cornwall aufgefallen sind. Der schlimmste, schönste (abgesehen von Gudruns) Laden in Nürnberg. Soll ich das zauselige Meerschweinchen auf der Müslischale oder das Tablett mit der Maus auf dem Fliegenpilz nehmen? Oh, es gibt ja noch englische Seife. Und Parfüm. Wie von Zauberhand verteilt sich das Blumenaroma einer Sommerwiese auf meinem Handgelenk. Es war der Tester… Bin traumatisiert. „Entschuldigung, können Sie mir bitte helfen? Ich nehme alles!“ Zum Dank für mein ambitioniertes Kaufverhalten bekomme ich noch einen schönen Prospekt. Damit meine Nase zuhause noch länger werden kann.

Im Hotel: Vorsichtig stelle ich das kleine Tütchen mit meinen Rosegardens-Schätzen auf meinem Nachtschränkchen ab. Während wir so gegen Sieben durch das angenehm ruhige Viertel Gostenhof schlendern, schnuppere ich noch ein wenig an dem frischen Blütenduft Made in England. Gostenhof grenzt in südwestlicher Richtung an die Altstadt, besticht durch schöne Bürgerhäuser und eine bunt gemischte Bevölkerung. Nicht zuletzt Studierende finden hier Alternatives. Unter einer Vielzahl interessanter Restaurants und Cafés entscheiden wir uns für das Eleon, wo ihr genuine griechische Küche mit ausgesuchten Rohwaren samt ausgefallener Gewürze genießen könnt. Das Besondere: Euer Mahl stellt ihr aus verschiedenen kleineren Gerichten zusammen. Das Angebot wechselt ständig, die Rezepte stammen aus allen Teilen Griechenlands sowie auch der Küche des alten Konstantinopel. Im Sommer könnt ihr im lauschigen Biergarten Platz nehmen. Auf dem Heimweg leuchten Kürbisse aus den Vorgärten. Ach ja, es ist Halloween. Doch wir sind müde, zufrieden und bettschwer. Genug herumgespukt.

„Diese Kulturbanausen!“, werdet ihr sagen, „Rasen in der Stadt rum, schlagen sich den Bauch voll und lassen die Kulturschätze links liegen!“ Ja. Ich bekenne mich schuldig. Jedoch bedenkt:

Mit Hund in einer Stadt ist es nicht immer einfach. Museen sind zumeist passé. Dabei gibt es in Nürnberg eine unschlagbare Zahl an interessanten Orten, die wir mit unserem Dackelchen nicht besuchen konnten. Und so alleine im Hotel lassen wollten wir den kleinen Mann ja auch nicht. Also, da wären das Germanische Nationalmuseum, das Spielzeugmuseum, das Reichstagsgelände, das Dürerhaus, die Frauenkirche, um nur einige zu erwähnen. Schade, aber so war´s. Zunächst einmal wollten wir die Atmosphäre Nürnbergs in uns aufsaugen. Und das hat geklappt. Wobei ich das Gefühl habe, dass es zuweilen eher umgekehrt war.

Hier ist ein sehr schöner Blog von echten Nürnberg-Fans, der auch uns Lust auf die Stadt gemacht hat. O.K., eins muss ich noch loswerden: Mein Bruder meint, selten habe er solch eine Anhäufung subjektivster Eindrücke wie in meinem Blog gelesen. Das hängt wohl damit zusammen, dass manche Städte geradezu faustgroße, langfristig prägende Eindrücke bei mir hinterlassen. Objektivität adé. Dafür habt ihr jetzt aber vielleicht den Duft von 3 Nürnberger Bratwürstln im Weckla in der Nase. Ist doch auch was. Oder?

Aber jetzt: Die Kaiserburg. Sonntag. Die Geschäfte haben zu. Nachdem wir den Stadtgrabenspaziergang, der z.T. an der beschaulich dahinfließenden Pegnitz entlang verläuft, genossen haben, schrauben wir uns gemächlich bergan. Vorbei am Spielzeugmuseum, vorbei am Albrecht-Dürer-Haus, vorbei am Hasen, vorbei an der Alten Küch´n, in der man so vortrefflich fränkisch speisen soll, bis wir auf eine unglaublich restaurierte riesige Burganlage stoßen, deren Silhouette hinlänglich durch eine ortsansässige Versicherung bekannt ist. Die Kaiserburg, so lesen wir auf der Schautafel, sei eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen des Mittelalters, und weiter:

Nürnberg Fembo-Haus Museum
Fembo-Haus

„Zwischen 1050 und 1571 hielten hier alle deutschen Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches ihre Hof-, Reichs- und Gerichtstage ab. Bereits im 11. Jahrhundert entstand eine salische Königsburg auf dem Burgfelsen. Im 12. und 13. Jahrhundert erbauten Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1123-1190) und seine Nachfolger auf dem westlichen Burgfelsen eine der größten und prachtvollsten Burganlagen des Reiches.“

Zitat: Schautafel Kaiserburg Nürnberg

Nichts wurde bei dieser Instandsetzung dem Zufall überlassen. Alles wird in extenso erklärt. Kein „Wozu mag denn dieser Steinhaufen gehört haben?“ Derartige Phantasiespiele braucht ihr hier nicht zu spielen. Basta. Stattdessen könntet ihr stante pede in euer ledernes Wams schlüpfen, die groben Wollstrumpfhosen überstreifen und sofort einziehen. Zumal gerade ein Burg-Café eröffnet hat. Eine Dependance des renommierten Café Beer aus der Innenstadt. Ich erspähe leckere Kuchen und Backwerk. Doch das üppige Leonardo-Frühstück hat alle freien Plätze belegt. Da habe ich die ganze Zeit von Torten und einem aromatischen Kaffee geträumt, und jetzt… Sphärische Klänge eines Keyboardspielers begleiten uns bei unserem Rundgang, lenken mich ab von verpassten Gaumenfreuden. Wir schweben. Und die Aussicht! Nürnberg ist ja riesengroß! Und grün! Und alles!

Wir blicken auf die Sebalder Altstadt und das Handwerkerviertel. Tatsächlich birgt der pittoreske Stadtteil eine Vielzahl kleiner mehr oder weniger traditionsreicher Handwerksbetriebe, Läden, Restaurants, Cafés und Galerien. Schade, dass heute Sonntag ist. Unbedingt solltet ihr nach dem pittoresken Weinmarkt (Achtung: Tolle Wolle!) durch die Weißgerbergasse schlendern, ein fast vollständig erhaltenes Häuserensemble.

An ihrem Ende solltet ihr in die Kaffeerösterei Bergbrand einkehren, wo zwei freundliche Kaffeefeen (ein prima Wort!) röstfrische Spezialitäten samt einer delikaten heißen Schokolade für uns bereiten. Und das, obwohl ich gar nicht an dem Schöner-Brunnen-Ring gedreht hatte. Neben einer kleinen Auswahl an Kuchen und Gebäck könnt ihr vor dem Café das sonntägliche Treiben beobachten. Stöbert mal auf der Bergbrand-Website. Die im Online-Shop beworbenen Kaffeesorten klingen nach viel Herzblut, Liebe zu Natur und Bergen. Als da z.B. wären: Hasenalarm, Sonnenkind, Nordwand, Spritztour, Neue Welt oder Kraftpaket. Und die Verpackungen sind so schön, dass ihr sie wahrscheinlich einrahmt und über eure Kaffeemaschine hängt.

Wurden meine Erwartungen an Nürnberg enttäuscht? Nein, ganz im Gegenteil! Inzwischen habe ich sogar schon einige Leute getroffen, die Nürnberg zu ihrer Lieblingsstadt erkoren, ja, sich als regelrechte Nürnbergfans geoutet haben. Nicht zuletzt, weil die fränkische Metropole Alt und Neu, Traditionelles und Multikulturelles auf so erfrischende Weise miteinander vereint. Der freundliche Verkäufer von Elan und Ranya bezeichnet die Stadt als einen Ort, wo es sich gut leben lässt. Tatsächlich scheinen mir die Nürnberger sehr zufrieden mit der Wahl ihres Wohnortes. Und nächstes Mal ist das Spielzeugmuseum dran. Aber nur, weil es nebenan eine Gartenwirtschaft namens Frischling – die kleine SommerSAUse gibt… Spaaaß.

Fahrt mal hin!

Stina Advent

Wie immer erfolgte dieser Artikel unaufgefordert und unbezahlt.

Für Freunde des Brotes: Boulangerie-Pâtisserie-Epicerie „L´Ami du Pain“ in Gondrexange

Boulangerie Patisserie Epicerie L´Ami du Pain Gondrexange Grand Est Lothringen Lorraine Vogesen Bäckerei Lebensmittel

„C´est notre meilleure table.“, mit diesen Worten geleitet uns der junge Mann in der weißen Schürze an einen runden Stehtisch. By the way: Es ist auch der einzige. Doch das tut dem Charme der kleinen Boulangerie/Pâtisserie/Epicerie L’AMI DU PAIN im Herzen von Gondrexange keinen Abbruch. Im Gegenteil. Das selbstgebackene Brot in vielen leckeren, gar vollwertigen Varianten, die diversen Eclairs und Pains au Chocolat könnten besser nicht schmecken. Gute Wahl, meint Jean Klein, als ich mich für ein üppiges Schnittchen aus Rumcreme auf Ananas auf zartestem Biskuit entscheide. Eine Kreation seines Bruders Luc, auf die Jean sehr stolz ist. Das merkt man. Dazu einen köstlichen Cappuccino mit leckerem Milchschaum. Alles comme il faut.

Wir stehen an unserem Stehtisch und schauen uns um. Alles, was der Mensch für ein gelungenes Essen braucht, findet er hier. Emsige Hanni-und-Nanni-Leserinnen werden sich bei diesem Sortiment an die Mitternachtspartys im fiktiven Internat erinnert fühlen. Wer wäre nicht gerne dabei gewesen, wenn Enid Blytons Protagonistinnen heimlich und kichernd eine Köstlichkeit nach der anderen aus dem Fresskorb zauberten? Das L’AMI DU PAIN würde ich eher mit einer Wundertüte vergleichen, die einem ein staunendes Ah! entlockt, auch wenn das Ambiente erfrischend unkompliziert und gerade nicht trendy ist. Spirituosen, Elsässer Wein, Fleisch- und Wurstwaren aus der Region, Mehl von einer hiesigen Mühle, Eier vom Bauern, Konserven, wenn´ s mal schnell gehen muss. Und Maggi. Unverzichtbares Kulturgut nun auch in Lothringen. Alles mit Liebe ausgesucht, auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten. Aus dem Schaufenster leuchtet uns ein Ständer mit Lollies entgegen. Den bunten, runden, die man so gut in die eine Backe schieben kann. Ich überlege, ob ich mir später noch so einen gönne. Da kommt auch schon unsere Bestellung. Die georderten Kuchen und Kaffees selbst an den Tisch tragen? Kommt nicht in die Tüte. Diesen Service lässt sich Monsieur Jean nicht nehmen.

Seit fast vier Jahren betreiben die beiden Brüder Luc und Jean Klein das Lebensmittelgeschäft mit Schwerpunkt Boulangerie/Pâtisserie. Denn einer der beiden ist, wie es scheint, ein äußerst geschickter und kreativer Patissier, der andere ein aufmerksamer, kompetenter, äußerst sympathischer Verkäufer. Dass der See von Gondrexange gerade um die Ecke liegt, nebst Campingplatz, ist sicher nicht von Nachteil. Das Gewässer ist übrigens auch ein Vogelschutzgebiet, das man in knapp 1 1/2 Stunden umrunden kann. Eben wie ein Topfdeckel und daher für Wandermuffelnde wie Ornithologende mit schwerem Gerät gleichermaßen geeignet. Etwas mehr könnte schon los sein in dem kleinen lothringischen Ort, beklagt Monsieur Klein. So wie früher. Doch der Laden läuft richtig gut, trifft einen Nerv im Zeitalter scheinbar omnipotenter Supermärkte. Warum immer noch bei Food-Magnaten kaufen, die ihre Zulieferer nicht selten auspressen wie Zitronen? Wer weiß? Vielleicht verbringen schon bald kinderreiche Familien, zivilisationsmüde StädterInnen ihre Ferien in Gondrexange, mit Wandern, Fahrradfahren, Zelten, eben allem, was ohne Flugzeug und All-Inclusive zu haben ist. Zumal ja auch die wilden Vogesen in unmittelbarer Nähe sind.

Ein Herr betritt den Laden, kauft seine Ration Flûtes für das Wochenende. Man merkt ihm an: Er genießt die Nähe hier. Das Persönliche. Wie wir, die wir, geschützt vor dem nebligen, nasskalten Novembertag, am Tisch lehnen und köstliche Kuchen und Teilchen verzehren. So üppig, dass unser Mittagessen leider ausfallen muss.

Das L’AMI DU PAIN, so erklärten Luc und Jean in einer Annonce anlässlich der Eröffnung 2018, lade die Leute ein vorbeizukommen, über Gott und die Welt zu reden, sich auszutauschen. Und das, so betonen sie auf der dorfeigenen Webseite, bei 35 °C im Sommer wie 25 Grad in der Nebensaison. Schließlich sei die 112, rue de la Marne schon immer ein Mittelpunkt von Gondrexange gewesen.

Ami du pain Gondrexange Grand Est Lothringen Lorraine Bäckerei Boulangerie Epicerie Patisserie

Und wirklich: Im Sommer könnt ihr die mit Kreativität, Freude und Können gemachten Spezialitäten von L’AMI DU PAIN sogar auf dem Vorplatz genießen. Wenn das Geschäft weiterhin so gut läuft, werden die beiden Brüder allerdings bald ein paar Tische mehr aufstellen müssen. Und ja, dann kauf ich mir auch einen Lolli.

Das L’AMI DU PAIN findet ihr 112, Rue de la Marne, 57815 Gondrexange.

Probiert´´ s mal aus und kauft unbedingt auch Brot, Wein und eben alles für euer Mitternachtspicknick!

Eure Stina

Dieser Artikel erfolgte unaufgefordert und unbezahlt.

Happy Halloween

Kürbis Fest Halloween Erntedank Julclub

Ich weiß, Halloween hat tatsächlich nicht viel mit Kürbissen zu tun. Trotzdem, finde ich, gehören sie wie buntes Laub, Kastanien und der Duft von Holzfeuern zu den aboluten Highlights in einer zuweilen trüben Jahreszeit. Endlich können wir uns wieder zuhause einigeln. Mit einem guten Buch und einer heißen Tasse Friesentee, eingemummelt in die dicke Decke mit dem Norwegermuster. Ohne schlechtes Gewissen. Nicht wie im Sommer, wenn die Sonne scheint, und wir die heißen Tage unbedingt draußen verbringen müssen, weil es in unseren Breiten nicht immer so viele davon gibt. Vielleicht gehört ihr aber auch zu jenen, die es gerade jetzt lieben, durch heimelig erleuchtete Straßen zu ziehen, hier eine heiße Schokolade, dort schon einen Glühwein zu trinken, Leute zu treffen, die ihr lange vermisst habt. Vielleicht seid ihr ja eher Herbstkinder, akzeptiert diffusen Nebel wie goldenes Licht mit frohem Herzen, weil es eine stillere Zeit ist als die Weihnachtszeit mit all ihren Aktivitäten. Extra für euch haben die Kürbiskinder ihre geernteten Schätze ausgebreitet. Müde, aber glücklich, dass sie, nach so viel Arbeit, im Schein der Laternen zusammensitzen können. Ich denke mal, dass sie gleich anfangen werden, einander Geschichten zu erzählen. Gruselig müssen sie sein. Nicht zu sehr, aber so, dass einem leichte Schauer über den Rücken jagen. Und sollte es zu schauerlich werden, hat man wenigstens einen Grund, noch etwas dichter zusammenzurücken. Happy Halloween!

wünscht Stina, die auch die Collage erstellt und zeichnerisch bearbeitet hat.

Backen für AngeberInnen: Nusszopf mit Dinkelmehl – superlecker, supereinfach.

Dinkelhefezopf Kranz Zopf Dinkelmehl flechten

Sieht kompliziert aus, ist aber sehr leicht zu backen. Für diesen leckeren, vollwertigen Dinkelzopf braucht ihr etwas Zeit. Aber allein das Flechten macht so viel Spaß, dass ihr es gar nicht erwarten könnt, bis ihr das fertige Wunderwerk seht.

Arbeitszeit: ca. 30 – 40 Minuten

Ruhezeit: 1 Stunde

Backzeit: ca. 40 Minuten

Für den Hefeteig:
500 g Dinkelvollkornmehl
1 Würfel Hefe (oder 1 Päckchen Trockenhefe)
100 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
50 ml Rapsöl oder Sonnenblumenöl
1 Ei
200 ml lauwarme Milch
Evtl. 1 Schuss Rum
Für die Füllung:
350 g Gemahlene Mandeln und/oder Haselnüsse
80 g brauner Rohrzucker
1 Unbehandelte Zitrone
8 cl Milch
je 1 gestrichener TL TL Zimt und Kardamom  
Für die Glasur: 1 Schuss Rum mit 1-2 EL Puderzucker verrühren.  

Zubereitung:

Für den Hefeteig:

  1. Mehl abwiegen und beiseite stellen.
  2. Milch auf lauwarm erhitzen. Zucker, Vanillezucker und Hefe darin auflösen.
  3. Öl, Ei und Milch hinzufügen.
  4. Mehl langsam unterkneten. Und immer weiter kneten. Mit der Hand ca. 10 Minuten lang. Seht es als Hanteltraining für beide (!) Hände. Sonst habt ihr später eine King-Kong-Pranke.
  5. Teig mit einem Geschirrtuch abgedeckt an einem warmen Ort ohne Zugluft gehen lassen, bis sich das Volumen ungefähr verdoppelt hat.

Für die Füllung:

Zucker in die Milch bzw. das Milch-Rum-Gemisch einrühren. Schale von Zitrone reiben und zufügen. Restliche Zutaten dazurühren.

Jetzt geht´s ans Flechten:

  1. Hefeteig in 2 Teile teilen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu 2 Rechtecken ausrollen.
  2. Die Nussmasse möglichst gleichmäßig auf den beiden Rechtecken verteilen.
  3. Teigplatten von der langen Seite her zu langen Nudeln aufrollen und auf jeweils 60-70 cm langziehen. Dabei die offene Kante leicht andrücken, damit die Rollen zusammenhalten.
  4. Die beiden Teigrollen mit einem Messer in der Mitte quer durchschneiden, sodass ihr jetzt 4 Stränge habt. Diese nochmals langziehen, denn sie sollen ja alsbald miteinander verflochten werden.
  5. Jeden Strang längs einschneiden, und mit den Fingern so auseinanderziehen, dass die Nussfüllung sichtbar wird.
  6. Ein Backblech mit Backpapier auslegen.
  7. Auf dem Backblech die 4 Stränge miteinander verflechten, sodass ein Zopf entsteht. Hier könnt ihr auch eurer Fantasie freien Lauf lassen. Es muss auch nicht ganz exakt sein. Überstehende Enden wurstelt ihr einfach unter.
  8. Zopf 30 Minuten gehen lassen, bis die Größe sich ungefähr verdoppelt hat.
  9. Ofen auf 170°C, Ober-/Unterhitze, vorheizen und Kranz für ca. 30 Minuten backen.

Damit er schön glänzt: Die Glasur: Rum mit Puderzucker verrühren. Den noch warmen Kuchen mit der Glasur bestreichen. Ein wenig abkühlen lassen und… genießen!

Mit Glasur!