Turin, Stadt der Dackel – Auf den Spuren des Sausage Walks

Sausage Walk Turin Torino Dackel Teckel Spaziergang

Meine Lieben, es mag vielleicht verfehlt anmuten, angesichts des Elends in der Ukraine einen solchen Beitrag zu verfassen. Aber, seid versichert, das entsetzliche Schicksal dieses Landes und seines Volkes lässt mich alles andere als unberührt. Wer hätte mit einer solch unnötigen Aggression seitens Putins gerechnet? Alle? Niemand? Vielleicht haben wir die potentielle Gefahr aus naheliegenden Gründen auch nur verdrängt. Und bitte, wenn ich von Aggressoren spreche, meine ich nicht das russische Volk. Ich meine Russlands Diktator und seinen Stab unseliger alter Männer, die – weitab vom Kampfgeschehen – vor Computerbildschirmen lümmeln, während sie lässig, mit halbem Auge die Zerstörungen betrachten, die sie anrichten.

Eigentlich war mir angesichts Covid und dieser jüngsten kriegerischen Auseinandersetzung die Lust aufs Schreiben etwas vergangen. Es bedarf schon einiger Eigenmotivation um diese Zeiten unbeschadet durchzustehen. Auch, sich seinen Ängsten zu stellen. Wer derzeit die einschlägigen Nachrichtenkanäle nutzt, sieht sich mit Bildern konfrontiert, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg auf europäischem Boden nicht mehr gesehen haben. Weinende Frauen und Kinder auf der Flucht. Ihre Männer, Söhne und Väter im Ungewissen. Wie die Bevölkerung ihrer grausamen Lage trotzt – einfach unglaublich! Ich weiß nicht, ob ich so mutig wäre.

Vielleicht mutet euch auch dies seltsam an: Aber mir fällt auf, dass viele Leute ihre Haustiere dabei haben, sie nicht im Stich lassen. Meerschweinchen, Hamster auf der Flucht. Gestern sah ich im Fernsehen einen kleinen Dackel mit seiner verzweifelten Familie über Gleise rennen. Im Hintergrund Detonationen. In einer Bahnhofshalle in Polen warten eine Frau mit viel zu schwerem Rucksack und ihre kleine Tochter auf die Weiterfahrt. Neben sich ihren treuen Retriever.

Lasst uns auf bessere Zeiten hoffen. Auf ein Ende des Krieges, der zu untragbaren Verlusten auf beiden Seiten führt und nur eines ist: Unmenschlich.

Demonstriert, spendet, betet, besinnt euch auf das Wesentliche, lebt nachhaltiger, tanzt das Wort Frieden. Egal. Was zählt, ist, dass ihr etwas tut.

Sausage Walk. Turin, Italy – Fountain in Piazza Castello (Castle Square) with walking people.

Und deshalb, und zum Weltfrauentag (Mein Mann glaubt, dass ich nur Frauen gemalt habe. Stimmt aber gar nicht) mein Sausage Walk Bild. Auf dass Frauen, Männer, Kinder, Hunde und Katzen nicht mehr um ihr Leben rennen müssen, sondern sich zum gemeinsamen Spaziergang treffen. So, wie es die TurinerInnen im letzten Jahr vorgelebt haben, als wir eine Woche in dieser tollen Stadt verbringen durften. Die Covidmasken hab ich einfach mal weggelassen. Als Erinnerung daran, dass zu einem Augenpaar auch immer Nase, Mund, ja, Mimik überhaupt gehören.

Eure Stina

Wunderbar einfacher Bûche de Noël 2021 mit Vanille-Buttercreme

Buche de Noel Rezept backen Buttercreme Vanille Weihnachten Baumstamm

Ohne einen Bûche de Noël geht in Frankreich zu Weihnachten gar nichts. Und auch die Skandinavier haben ihn für sich entdeckt, weil er so wunderbar wandelbar und lecker ist. Hier nun also eine einfache Variante für zwei kleine Bûches, die – vips! – mit einem Mal gebacken werden. Solltet ihr, wie ich, zur arbeitenden Bevölkerung zählen, dann könnt ihr die Buttercreme entweder einen Tag vorher oder sogar morgens vor der Arbeit herstellen und erkalten lassen. Denn der Pudding allein braucht dazu schon geraume Zeit. Und nicht vergessen gleich auch schon die Butter aus dem Kühlschrank zu nehmen, damit Pudding und Butter für die Buttercreme Zimmertemperatur haben. Abends, nach der Arbeit könnt ihr dann den Biscuit herstellen. Der ist nach ca. einer Stunde ausgekühlt. In der Zwischenzeit fabriziert ihr die Buttercreme. Das Geheimnis einer gelungenen Buttercreme ist tatsächlich diesselbe Verarbeitungstemperatur von Butter und Pudding. Ich koche zuerst Letzteren, stelle dann nach etwa einer Stunde die Butter raus und lasse beides Zimmertemperatur annehmen. Ist die Creme fertig, geht es ans Füllen, Umhüllen und Verzieren. Da sind euch, wie immer, keine Grenzen gesetzt.

Foto: Pixabay

Rezept für zwei kleine Bûches de Noël à ca. 16 cm

Zutaten für den Teig:

  • 4 Eier
  • 100 g Zucker
  • 1 Prise Salz
  • 20 g Mehl
  • 20 g Kakaopulver
  • 35 g Speisestärke
  • 2 leicht gehäufte EL Puderzucker zum Bestreuen
  • Ein Geschirrtuch

Zutaten für die Buttercreme:

  • 130-140 g Zucker
  • 2 Pck. Vanillepuddingpulver
  • 900 ml Milch
  • 380 g weiche Butter
  • ein guter Schuss Amaretto
Außerdem: 1 Glas Kirsch-, Mirabellen- oder Himbeerkonfitüre

Zubereitung:

Der Teig:

Eier trennen. Eigelbe und 75 g vom Zucker schaumig rühren. Eiweiß mit 25 g vom Zucker und der Prise Salz zu steifem Schnee schlagen. Backofen auf 180 °C bzw. Umluft 160 °C vorheizen. Ein rechteckiges Backblech mit Backpapier auskleiden. Mehl, Kakao und 20 g von der Stärke mischen und auf das Eigelb-Zucker-Gemisch sieben. Ein Drittel Eischnee einrühren, den Rest des Eischnees vorsichtig unterheben. Masse auf das mit Backpapier ausgekleidete Backblech streichen, etwa 1 cm dick, und zehn Minuten backen. Geschirrtuch mit Puderzucker bestäuben und diesen etwas in den Stoff reiben. Kuchen aus dem Ofen nehmen. Geschirrtuch vorsichtig über den Kuchen breiten, seitlich am Blech festhalten und das Ganze umdrehen, sodass das Blech obenauf zu liegen kommt. Blech wegnehmen (Klar!). Backpapier vorsichtig abziehen. Kuchen von der Längsseite her samt Geschirrhandtuch zu einer Rolle aufrollen. Vollständig auskühlen lassen.

Für die Buttercreme:

Zucker mit Puddingpulver und 6-7 EL der Milch glatt rühren. Übrige Milch in einem Topf zum Kochen bringen. Puddingmischung unter Rühren in die sanft köchelnde Milch geben und bei niedriger Hitze 1 Minute weiter köcheln lassen. In eine Schüssel umfüllen, mit Frischhaltefolie bedecken, damit sich keine Haut bildet. Pudding bei und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Butter ebenfalls bei Zimmertemperatur weich werden lassen.

Sind Pudding und Butter auf Zimmertemperatur (unbedingt!) die Butter weiß schaumig schlagen. Esslöffelweise den Pudding zugeben und mit dem Amaretto zu einer gleichmäßigen Masse verrühren. Wenn ihr die Creme lieber süßer mögt, fügt noch etwas Zucker hinzu.

Füllen und Verzieren:

Den Kuchenboden vorsichtig entrollen und das Geschirrhandtuch entfernen. Den Boden dünn mit Konfitüre bestreichen. Nicht kratzen, aber auch nicht zu dick auftragen. Buttercreme zu zwei Dritteln über der Konfitüre verstreichen. Dabei rundherum etwa 1-2 cm Rand lassen. Boden wieder zu einer Rolle aufrollen. Diese in zwei Teile teilen. Jede Rolle vorsichtig auf die ihr zugedachte Kuchenplatte, Papieruntersetzer usw. heben. Bei dieser Größe geht das noch gut mit zwei Pfannenschabern. Jede Rolle mit der restlichen Creme rundherum bestreichen. Wenn ihr eine Spritztülle besitzt, könnt ihr natürlich auch damit werkeln. Mit Lebensmittelstiften malen, mit Papierblättchen verzieren, Figürchen in die Creme drücken…

Ihr könnt die Rollen auch zuerst fertig bestreichen und sie dann auf die Kuchenplatte setzen.

God Jul! Frohe Weihnachten!

Nürnberg!

Nürnberg Weißgerbergasse Reisetipp Städtetrip

Immer schon wollte ich einmal nach Nürnberg. Am besten in der Vorweihnachtszeit. Dachte an das Christkind (samt Christkindlesmarkt), das zu Beginn der Adventszeit segnend seine Arme über die Marktbesucher breitet, mich mit seiner Rede jedes Jahr aufs Neue zu Tränen rührt, weil die Botschaft eine einfache, leicht zu verstehende, jedoch nicht minder schwer umzusetzende ist. Jedes Jahr zu Weihnachten schaue ich mir die medienwirksame Veranstaltung via Internet an, und jedes Jahr schiele ich in die linke Gehirnhälfte um – vergebens – meine Ratio einzuschalten. Nürnberg war bislang so etwas wie der fliegende Holländer meiner Reisewünsche. Spukte, durchsetzt von diffusem Lebkuchenduft, überstrahlt von festlichem Lichterglanz, in meinem Kopf herum, war aber nicht zu greifen. Eigentlich wusste ich gar nicht mehr, ob es wirklich Nürnberg war, wohin ich wollte. Stand es vielleicht nur stellvertretend für etwas, was man sucht, aber nicht beschreiben kann? Etwas, das dann doch nicht so wichtig ist, als dass man es in die Tat umsetzte? Oder für etwas, das gar nicht real werden sollte, weil meine Vorstellungen, gewonnen aus zahlreichen historischen Romanen, nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben würden?

Der Schöne Brunnen. Einfach am schwarzen Ring drehen, und deine Wünsche werden wahr.

Eines Tages Ende Oktober rief mein Mann mich auf der Arbeit an und meinte, wir führen übers Wochenende dann also nach Nürnberg. „Ach!? Ziemlich weit.“, gab ich gleichermaßen überrumpelt wie skeptisch zu bedenken. „Wir wechseln uns ab.“, meinte mein Mann gelassen. Plötzlich nahm dieses seltsame Nürnberg Gestalt an. Jemand hatte meinen alljährlich geäußerten Wunsch tatsächlich ernst genommen. Ich dachte. Dachte, klar, auch an die Nürnberger Prozesse. An Fremdenfeindlichkeit, inszenierten Nazigrößenwahn. Aber auch an Dürers Hasen. An Lebkuchen. Die Meistersinger. An mein Christkindl. Wir reisten also in eine ambivalente Stadt. Eine Stadt, erbaut auf felsigem Grund. In mehrerlei Hinsicht. Mit über einer halben Million Einwohnern. Die zweitgrößte Stadt Bayerns. Im zweiten Weltkrieg zu 90 % zerstört. Studentenstadt. Kulturhochburg. Freitag, Samstag, Sonntag: Ab mit Lottchen!

Spätestens ab Heidelberg wandelte sich unser Automobil in einen History-Train. Stulle und Thermoskanne inklusive. Denn welcher Mittelalteraffine würde bei Ortsnamen wie Wolframs Eschenbach nicht ins Schwärmen geraten? Tiefhängende Wolken waberten über Burgruinen, über dicken, runden Bergfrieden wehten herzögliche Wimpel mit Wildtierheraldik zwecks Ritterromantik.

Und dann: Das Leonardo Hotel. Leute, es liegt in einer ziemlich heruntergekommenen Gegend. Die Fassade ist gerade noch so einladend. Der Empfang ist jedoch freundlich, die Zimmer recht schnuckelig, Hunde sind erlaubt, es gibt eine Dachterrasse, und das FRÜHSTÜCK: GROSSARTIG!  Das Beste aber: In nicht mal fünf Minuten seid ihr an der Stadtmauer, z.B. am Spittler Tor, Eingang zu Nürnbergs Zentrum. Damit in einer Stadt, die ziselierte gotische Bauwerke mit Sechzigerjahre Stahl und Glas gekonnt und lässig zu vereinen weiß. Deshalb wirkt Nürnberg historisch gewachsen, jedoch keineswegs antiquiert. By the way könnt ihr auch durch jedes andere Tor in die quirlige Stadt eintauchen, denn die Altstadt der fränkischen Metropole ist von einer Stadtmauer umgeben, an der sich zudem ein hübscher, 5 Kilometer langer Stadtgraben entlangschlängelt. Den Grabenspaziergang im südlichen Stadtgraben, auf dem es Spannendes rund um Biodiversität zu entdecken gibt, kann ich nur empfehlen.

Auf dem Weg zu den Fußgängerzonen rund um den Weißen Turm ist erstmal Orient angesagt. Für uns heißt das: Ein Päckchen mit delikatem arabischem Gebäck von Elan und Ranya, Ludwigstraße 67, und eine frischgepresste Obstkreation von Fruchthaus Strawberry am Jakobsplatz mit einem unglaublichen Angebot an z.T. recht exotischen Früchten. Das Zentrum bequem und fußläufig zu erkunden, mit Hund? Kein Problem. Am berühmten Ehekarussell– oder Hans-Sachs-Brunnen klettern Kinder über die deftigen Szenen einer Ehe, sodass einige Bronzefiguren schon Teile ihrer Goldauflage eingebüßt haben. Ganz wie so manches Eheleben. Dieser Brunnen ist übrigens der größte Figurenbrunnen des 20. Jahrhunderts in Europa. Seine Entstehung verdankt er dem Gedicht Das bittersüße eheliche Leben, welches der Nürnberger Schuhmachermeister und Meistersinger Hans Sachs für seine Gattin geschrieben hat. Sozusagen exponiert tanzt der handwerklich geschickte Dichter selbst auf einer Art riesigem Maiskolben. Warum? Da können wir jetzt gerne spekulieren. Eine ausführliche, aufschlussreiche Deutung des Brunnens findet ihr hier.

Arabisches Gebäck Elan Ranya Nürnberg Bäckerei
So schmeckt der Orient

Daneben wacht also der Weiße Turm, drumherum wuselt das Leben. Mit Weiß hat der Turm, Teil der vorletzten Stadtmauer von ca. 1250, nur noch insofern zu tun, als dass er es nicht mehr ist. Weiß, meine ich. Mein Mann knabbert an seinen Nürnberger Bratwürstl vom Büdchen. 3 im Weckla. Nürnberg spielt nicht nur städteplanerisch auf verschiedenen Ebenen, es scheint als wäre die Luft erfüllt vom rauschenden Raunen unterschiedlichster Zeitalter, die uns staunend zwischen all den Sehenswürdigkeiten, Leuchtreklamen, Einkaufstaschen, Essensdüften umhertaumeln lassen. Über Brückchen, Treppen, Schrägen. Ja, sind wir schon auf dem Narrenschiff? Die Stadt ist offen, luftig, wie die Leute hier. Fachwerk, Gotik, Sixties. futuristische Glasfassaden. Passt scho´. Der Regen wird immer stärker. Wir sind im Nürnbergfieber. Geschäfte gibt’s hier! Inklusive dessen, was wir von zuhause als Versandhaus kennen, nur eben als livehaftigen Konsumtempel. Trotz der vielen Leute bleibt es irgendwie beschaulich. On a du temps.

Wir müssen noch unbedingt zu Gudrun Sjödén, dem Eldorado für Fans nachhaltiger, kunterbunter Mode für die wagemutige Frau. Made in Sweden. Bei Gudrun ist es heimelig, farbstark, würde sie wohl sagen. Wir tauchen ein ins Farbenmeer, werden von ihm umfangen, wandeln durch Blumenmuster, Punkte, Streifen. Eine Art textiler Mutterleib, dieser Konzeptladen: Rot, rot, rot, grün, grün, grün, blau, blau, blau, gelb, schwarz, weiß, orange, lila. Die Verkäuferinnen ebenfalls ein Erlebnis: Sjödén as Sjödén can. Von Kopf bis Fuß. Sehr kompetent, sehr engagiert. Eine verschworene Gemeinschaft. Corporate Identity. Ich erzähle ihnen, dass ich aus den alten Katalogen Kollagen mache. Wo man sich zuhause fühlt, wird man schon mal mitteilsam. Mein Mann versucht unauffällig im massiven Holzboden zu versinken. Plötzlich stehe ich in der Umkleide. Bin verwandelt. Eine Gudrun-Sjödén-Walküre! Meinem Mann schwant Böses, er steht ja mehr auf italienischen Chic. Ich aber fühle mich wohl in meiner weiten Bluse, dem superbequemen Unterkleid mit praktischer Tasche für Krimskrams. Und wisst ihr was? Vor lauter Farbenpracht habe ich doch vergessen zu fotografieren. Deshalb nur Außenbilder. Da muss ich nochmal hin.

Voll also der Städtetrip-Marathon. Zwischendurch ins Hotel. Ein Nickerchen. Abends ins Côcô Taste of Asia Sushi in der Schlotfegergasse 2. Das Essen ist frisch, verzichtet auf übliches Glutengelage. Zu einem wirklich guten Preis. Wer mag, bekommt Vegetarisches, sogar Veganes. Fusionsküche at its best! Das Ambiente gibt sich schnörkellos, das Publikum ist gemischt. Und es ist nicht weit zum Hotel. Klaue ein Bierdeckelchen. Blau, Weiß, Rot, Rosa. Ich liebe japanische Holzschnitte!

Am nächsten Tag: Wieder lassen wir uns einfach durch Nürnberg treiben, trinken ein alkoholfreies Bier im Irish Pub (Grässlich laut und überall Fußball) kaufen nochmal Gebäck von Elan und Ranya bei dem supernetten Verkäufer. Auch das muss einfach sein: Meistersinger-Lebkuchen in nostalgischer Dose für die Schwiegereltern aus der Lebküchnerei Wicklein am Hauptmarkt, wo ihr das leckere Backwerk im Café gleich selbst probieren oder sogar an einem Lebkuchen-Workshop teilnehmen könnt.

Kürbis Fest Halloween Erntedank Julclub
Was sich aus einem Gudrun-Sjödén-Katalog sonst noch alles machen lässt…

Eigentlich sollte das Wetter heute besser sein. Wir schlendern an den berührenden Stehlen der Straße der Menschenrechte am Germanischen Nationalmuseum vorbei. Die Sonne kommt raus. Eine Ahnung, wie genial es hier im Sommer ist. Der Handwerkerhof ist irgendwie Disneyland. Eine mittelalterliche Gasse für Hobbits. Es riecht nach Bratwurst, Bier und Zimt. Und es ist ziemlich eng. Wer möchte, kann in den mannigfachen Werkstätten den Meistern bei der Arbeit zusehen.

Wo ist denn jetzt der berühmte Wunschring am Schönen Brunnen? Mir wird ganz schwindlig von der wahnsinnig aufwendigen Schmiedearbeit. Wahrscheinlich befindet er sich am Kopf der kleinen Schlange aus Glücksrittern, die sich links neben mir gebildet hat. Wunschlos glücklich kehren wir beim Spiessgesellen ein. In der historischen Gastwirtschaft im Alten Rathaus genieße ich den besten Obatzda meines Lebens. Mit Blick auf den weitläufigen Marktplatz sowie roten Zwiebeln. „Ein Geheimrrrezept“, raunt der Kellner in sanftestem Fränkisch. Drinnen, im urigen Gewölbe, kann man wahlweise an langen Tafeln oder in intimen Nischen speisen. Manchmal kommt ein mittelalterlicher Henker vorbei und köpft hoffentlich nur die Radirübe. Unser Dackel sieht einen Dobermann und verrückt den Tisch um einen Meter fünfzig. Zünftig. Ich sinniere, dass ich zu einem Achtel Bayer bin. Daher also die Vorliebe für gehaltvolle Mehlspeisen, zermantschten Camembert sowie kümmel- respektive anislastiges Brot.

Auf dem Heimweg landen wir – SuperGAU für meinen Geldbeutel – bei Rosegardens in der Vorderen Sterngasse 24. Schon von weitem sehe ich sie: Die witzigen, zarten Tieraquarelle von Hannah Dale, die mir zum ersten Mal in Cornwall aufgefallen sind. Der schlimmste, schönste (abgesehen von Gudruns) Laden in Nürnberg. Soll ich das zauselige Meerschweinchen auf der Müslischale oder das Tablett mit der Maus auf dem Fliegenpilz nehmen? Oh, es gibt ja noch englische Seife. Und Parfüm. Wie von Zauberhand verteilt sich das Blumenaroma einer Sommerwiese auf meinem Handgelenk. Es war der Tester… Bin traumatisiert. „Entschuldigung, können Sie mir bitte helfen? Ich nehme alles!“ Zum Dank für mein ambitioniertes Kaufverhalten bekomme ich noch einen schönen Prospekt. Damit meine Nase zuhause noch länger werden kann.

Im Hotel: Vorsichtig stelle ich das kleine Tütchen mit meinen Rosegardens-Schätzen auf meinem Nachtschränkchen ab. Während wir so gegen Sieben durch das angenehm ruhige Viertel Gostenhof schlendern, schnuppere ich noch ein wenig an dem frischen Blütenduft Made in England. Gostenhof grenzt in südwestlicher Richtung an die Altstadt, besticht durch schöne Bürgerhäuser und eine bunt gemischte Bevölkerung. Nicht zuletzt Studierende finden hier Alternatives. Unter einer Vielzahl interessanter Restaurants und Cafés entscheiden wir uns für das Eleon, wo ihr genuine griechische Küche mit ausgesuchten Rohwaren samt ausgefallener Gewürze genießen könnt. Das Besondere: Euer Mahl stellt ihr aus verschiedenen kleineren Gerichten zusammen. Das Angebot wechselt ständig, die Rezepte stammen aus allen Teilen Griechenlands sowie auch der Küche des alten Konstantinopel. Im Sommer könnt ihr im lauschigen Biergarten Platz nehmen. Auf dem Heimweg leuchten Kürbisse aus den Vorgärten. Ach ja, es ist Halloween. Doch wir sind müde, zufrieden und bettschwer. Genug herumgespukt.

„Diese Kulturbanausen!“, werdet ihr sagen, „Rasen in der Stadt rum, schlagen sich den Bauch voll und lassen die Kulturschätze links liegen!“ Ja. Ich bekenne mich schuldig. Jedoch bedenkt:

Mit Hund in einer Stadt ist es nicht immer einfach. Museen sind zumeist passé. Dabei gibt es in Nürnberg eine unschlagbare Zahl an interessanten Orten, die wir mit unserem Dackelchen nicht besuchen konnten. Und so alleine im Hotel lassen wollten wir den kleinen Mann ja auch nicht. Also, da wären das Germanische Nationalmuseum, das Spielzeugmuseum, das Reichstagsgelände, das Dürerhaus, die Frauenkirche, um nur einige zu erwähnen. Schade, aber so war´s. Zunächst einmal wollten wir die Atmosphäre Nürnbergs in uns aufsaugen. Und das hat geklappt. Wobei ich das Gefühl habe, dass es zuweilen eher umgekehrt war.

Hier ist ein sehr schöner Blog von echten Nürnberg-Fans, der auch uns Lust auf die Stadt gemacht hat. O.K., eins muss ich noch loswerden: Mein Bruder meint, selten habe er solch eine Anhäufung subjektivster Eindrücke wie in meinem Blog gelesen. Das hängt wohl damit zusammen, dass manche Städte geradezu faustgroße, langfristig prägende Eindrücke bei mir hinterlassen. Objektivität adé. Dafür habt ihr jetzt aber vielleicht den Duft von 3 Nürnberger Bratwürstln im Weckla in der Nase. Ist doch auch was. Oder?

Aber jetzt: Die Kaiserburg. Sonntag. Die Geschäfte haben zu. Nachdem wir den Stadtgrabenspaziergang, der z.T. an der beschaulich dahinfließenden Pegnitz entlang verläuft, genossen haben, schrauben wir uns gemächlich bergan. Vorbei am Spielzeugmuseum, vorbei am Albrecht-Dürer-Haus, vorbei am Hasen, vorbei an der Alten Küch´n, in der man so vortrefflich fränkisch speisen soll, bis wir auf eine unglaublich restaurierte riesige Burganlage stoßen, deren Silhouette hinlänglich durch eine ortsansässige Versicherung bekannt ist. Die Kaiserburg, so lesen wir auf der Schautafel, sei eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen des Mittelalters, und weiter:

Nürnberg Fembo-Haus Museum
Fembo-Haus

„Zwischen 1050 und 1571 hielten hier alle deutschen Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches ihre Hof-, Reichs- und Gerichtstage ab. Bereits im 11. Jahrhundert entstand eine salische Königsburg auf dem Burgfelsen. Im 12. und 13. Jahrhundert erbauten Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1123-1190) und seine Nachfolger auf dem westlichen Burgfelsen eine der größten und prachtvollsten Burganlagen des Reiches.“

Zitat: Schautafel Kaiserburg Nürnberg

Nichts wurde bei dieser Instandsetzung dem Zufall überlassen. Alles wird in extenso erklärt. Kein „Wozu mag denn dieser Steinhaufen gehört haben?“ Derartige Phantasiespiele braucht ihr hier nicht zu spielen. Basta. Stattdessen könntet ihr stante pede in euer ledernes Wams schlüpfen, die groben Wollstrumpfhosen überstreifen und sofort einziehen. Zumal gerade ein Burg-Café eröffnet hat. Eine Dependance des renommierten Café Beer aus der Innenstadt. Ich erspähe leckere Kuchen und Backwerk. Doch das üppige Leonardo-Frühstück hat alle freien Plätze belegt. Da habe ich die ganze Zeit von Torten und einem aromatischen Kaffee geträumt, und jetzt… Sphärische Klänge eines Keyboardspielers begleiten uns bei unserem Rundgang, lenken mich ab von verpassten Gaumenfreuden. Wir schweben. Und die Aussicht! Nürnberg ist ja riesengroß! Und grün! Und alles!

Wir blicken auf die Sebalder Altstadt und das Handwerkerviertel. Tatsächlich birgt der pittoreske Stadtteil eine Vielzahl kleiner mehr oder weniger traditionsreicher Handwerksbetriebe, Läden, Restaurants, Cafés und Galerien. Schade, dass heute Sonntag ist. Unbedingt solltet ihr nach dem pittoresken Weinmarkt (Achtung: Tolle Wolle!) durch die Weißgerbergasse schlendern, ein fast vollständig erhaltenes Häuserensemble.

An ihrem Ende solltet ihr in die Kaffeerösterei Bergbrand einkehren, wo zwei freundliche Kaffeefeen (ein prima Wort!) röstfrische Spezialitäten samt einer delikaten heißen Schokolade für uns bereiten. Und das, obwohl ich gar nicht an dem Schöner-Brunnen-Ring gedreht hatte. Neben einer kleinen Auswahl an Kuchen und Gebäck könnt ihr vor dem Café das sonntägliche Treiben beobachten. Stöbert mal auf der Bergbrand-Website. Die im Online-Shop beworbenen Kaffeesorten klingen nach viel Herzblut, Liebe zu Natur und Bergen. Als da z.B. wären: Hasenalarm, Sonnenkind, Nordwand, Spritztour, Neue Welt oder Kraftpaket. Und die Verpackungen sind so schön, dass ihr sie wahrscheinlich einrahmt und über eure Kaffeemaschine hängt.

Wurden meine Erwartungen an Nürnberg enttäuscht? Nein, ganz im Gegenteil! Inzwischen habe ich sogar schon einige Leute getroffen, die Nürnberg zu ihrer Lieblingsstadt erkoren, ja, sich als regelrechte Nürnbergfans geoutet haben. Nicht zuletzt, weil die fränkische Metropole Alt und Neu, Traditionelles und Multikulturelles auf so erfrischende Weise miteinander vereint. Der freundliche Verkäufer von Elan und Ranya bezeichnet die Stadt als einen Ort, wo es sich gut leben lässt. Tatsächlich scheinen mir die Nürnberger sehr zufrieden mit der Wahl ihres Wohnortes. Und nächstes Mal ist das Spielzeugmuseum dran. Aber nur, weil es nebenan eine Gartenwirtschaft namens Frischling – die kleine SommerSAUse gibt… Spaaaß.

Fahrt mal hin!

Stina Advent

Wie immer erfolgte dieser Artikel unaufgefordert und unbezahlt.

Für Freunde des Brotes: Boulangerie-Pâtisserie-Epicerie „L´Ami du Pain“ in Gondrexange

Boulangerie Patisserie Epicerie L´Ami du Pain Gondrexange Grand Est Lothringen Lorraine Vogesen Bäckerei Lebensmittel

„C´est notre meilleure table.“, mit diesen Worten geleitet uns der junge Mann in der weißen Schürze an einen runden Stehtisch. By the way: Es ist auch der einzige. Doch das tut dem Charme der kleinen Boulangerie/Pâtisserie/Epicerie L’AMI DU PAIN im Herzen von Gondrexange keinen Abbruch. Im Gegenteil. Das selbstgebackene Brot in vielen leckeren, gar vollwertigen Varianten, die diversen Eclairs und Pains au Chocolat könnten besser nicht schmecken. Gute Wahl, meint Jean Klein, als ich mich für ein üppiges Schnittchen aus Rumcreme auf Ananas auf zartestem Biskuit entscheide. Eine Kreation seines Bruders Luc, auf die Jean sehr stolz ist. Das merkt man. Dazu einen köstlichen Cappuccino mit leckerem Milchschaum. Alles comme il faut.

Wir stehen an unserem Stehtisch und schauen uns um. Alles, was der Mensch für ein gelungenes Essen braucht, findet er hier. Emsige Hanni-und-Nanni-Leserinnen werden sich bei diesem Sortiment an die Mitternachtspartys im fiktiven Internat erinnert fühlen. Wer wäre nicht gerne dabei gewesen, wenn Enid Blytons Protagonistinnen heimlich und kichernd eine Köstlichkeit nach der anderen aus dem Fresskorb zauberten? Das L’AMI DU PAIN würde ich eher mit einer Wundertüte vergleichen, die einem ein staunendes Ah! entlockt, auch wenn das Ambiente erfrischend unkompliziert und gerade nicht trendy ist. Spirituosen, Elsässer Wein, Fleisch- und Wurstwaren aus der Region, Mehl von einer hiesigen Mühle, Eier vom Bauern, Konserven, wenn´ s mal schnell gehen muss. Und Maggi. Unverzichtbares Kulturgut nun auch in Lothringen. Alles mit Liebe ausgesucht, auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten. Aus dem Schaufenster leuchtet uns ein Ständer mit Lollies entgegen. Den bunten, runden, die man so gut in die eine Backe schieben kann. Ich überlege, ob ich mir später noch so einen gönne. Da kommt auch schon unsere Bestellung. Die georderten Kuchen und Kaffees selbst an den Tisch tragen? Kommt nicht in die Tüte. Diesen Service lässt sich Monsieur Jean nicht nehmen.

Seit fast vier Jahren betreiben die beiden Brüder Luc und Jean Klein das Lebensmittelgeschäft mit Schwerpunkt Boulangerie/Pâtisserie. Denn einer der beiden ist, wie es scheint, ein äußerst geschickter und kreativer Patissier, der andere ein aufmerksamer, kompetenter, äußerst sympathischer Verkäufer. Dass der See von Gondrexange gerade um die Ecke liegt, nebst Campingplatz, ist sicher nicht von Nachteil. Das Gewässer ist übrigens auch ein Vogelschutzgebiet, das man in knapp 1 1/2 Stunden umrunden kann. Eben wie ein Topfdeckel und daher für Wandermuffelnde wie Ornithologende mit schwerem Gerät gleichermaßen geeignet. Etwas mehr könnte schon los sein in dem kleinen lothringischen Ort, beklagt Monsieur Klein. So wie früher. Doch der Laden läuft richtig gut, trifft einen Nerv im Zeitalter scheinbar omnipotenter Supermärkte. Warum immer noch bei Food-Magnaten kaufen, die ihre Zulieferer nicht selten auspressen wie Zitronen? Wer weiß? Vielleicht verbringen schon bald kinderreiche Familien, zivilisationsmüde StädterInnen ihre Ferien in Gondrexange, mit Wandern, Fahrradfahren, Zelten, eben allem, was ohne Flugzeug und All-Inclusive zu haben ist. Zumal ja auch die wilden Vogesen in unmittelbarer Nähe sind.

Ein Herr betritt den Laden, kauft seine Ration Flûtes für das Wochenende. Man merkt ihm an: Er genießt die Nähe hier. Das Persönliche. Wie wir, die wir, geschützt vor dem nebligen, nasskalten Novembertag, am Tisch lehnen und köstliche Kuchen und Teilchen verzehren. So üppig, dass unser Mittagessen leider ausfallen muss.

Das L’AMI DU PAIN, so erklärten Luc und Jean in einer Annonce anlässlich der Eröffnung 2018, lade die Leute ein vorbeizukommen, über Gott und die Welt zu reden, sich auszutauschen. Und das, so betonen sie auf der dorfeigenen Webseite, bei 35 °C im Sommer wie 25 Grad in der Nebensaison. Schließlich sei die 112, rue de la Marne schon immer ein Mittelpunkt von Gondrexange gewesen.

Ami du pain Gondrexange Grand Est Lothringen Lorraine Bäckerei Boulangerie Epicerie Patisserie

Und wirklich: Im Sommer könnt ihr die mit Kreativität, Freude und Können gemachten Spezialitäten von L’AMI DU PAIN sogar auf dem Vorplatz genießen. Wenn das Geschäft weiterhin so gut läuft, werden die beiden Brüder allerdings bald ein paar Tische mehr aufstellen müssen. Und ja, dann kauf ich mir auch einen Lolli.

Das L’AMI DU PAIN findet ihr 112, Rue de la Marne, 57815 Gondrexange.

Probiert´´ s mal aus und kauft unbedingt auch Brot, Wein und eben alles für euer Mitternachtspicknick!

Eure Stina

Dieser Artikel erfolgte unaufgefordert und unbezahlt.

Happy Halloween

Kürbis Fest Halloween Erntedank Julclub

Ich weiß, Halloween hat tatsächlich nicht viel mit Kürbissen zu tun. Trotzdem, finde ich, gehören sie wie buntes Laub, Kastanien und der Duft von Holzfeuern zu den aboluten Highlights in einer zuweilen trüben Jahreszeit. Endlich können wir uns wieder zuhause einigeln. Mit einem guten Buch und einer heißen Tasse Friesentee, eingemummelt in die dicke Decke mit dem Norwegermuster. Ohne schlechtes Gewissen. Nicht wie im Sommer, wenn die Sonne scheint, und wir die heißen Tage unbedingt draußen verbringen müssen, weil es in unseren Breiten nicht immer so viele davon gibt. Vielleicht gehört ihr aber auch zu jenen, die es gerade jetzt lieben, durch heimelig erleuchtete Straßen zu ziehen, hier eine heiße Schokolade, dort schon einen Glühwein zu trinken, Leute zu treffen, die ihr lange vermisst habt. Vielleicht seid ihr ja eher Herbstkinder, akzeptiert diffusen Nebel wie goldenes Licht mit frohem Herzen, weil es eine stillere Zeit ist als die Weihnachtszeit mit all ihren Aktivitäten. Extra für euch haben die Kürbiskinder ihre geernteten Schätze ausgebreitet. Müde, aber glücklich, dass sie, nach so viel Arbeit, im Schein der Laternen zusammensitzen können. Ich denke mal, dass sie gleich anfangen werden, einander Geschichten zu erzählen. Gruselig müssen sie sein. Nicht zu sehr, aber so, dass einem leichte Schauer über den Rücken jagen. Und sollte es zu schauerlich werden, hat man wenigstens einen Grund, noch etwas dichter zusammenzurücken. Happy Halloween!

wünscht Stina, die auch die Collage erstellt und zeichnerisch bearbeitet hat.

Backen für AngeberInnen: Nusszopf mit Dinkelmehl – superlecker, supereinfach.

Dinkelhefezopf Kranz Zopf Dinkelmehl flechten

Sieht kompliziert aus, ist aber sehr leicht zu backen. Für diesen leckeren, vollwertigen Dinkelzopf braucht ihr etwas Zeit. Aber allein das Flechten macht so viel Spaß, dass ihr es gar nicht erwarten könnt, bis ihr das fertige Wunderwerk seht.

Arbeitszeit: ca. 30 – 40 Minuten

Ruhezeit: 1 Stunde

Backzeit: ca. 40 Minuten

Für den Hefeteig:
500 g Dinkelvollkornmehl
1 Würfel Hefe (oder 1 Päckchen Trockenhefe)
100 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
50 ml Rapsöl oder Sonnenblumenöl
1 Ei
200 ml lauwarme Milch
Evtl. 1 Schuss Rum
Für die Füllung:
350 g Gemahlene Mandeln und/oder Haselnüsse
80 g brauner Rohrzucker
1 Unbehandelte Zitrone
8 cl Milch
je 1 gestrichener TL TL Zimt und Kardamom  
Für die Glasur: 1 Schuss Rum mit 1-2 EL Puderzucker verrühren.  

Zubereitung:

Für den Hefeteig:

  1. Mehl abwiegen und beiseite stellen.
  2. Milch auf lauwarm erhitzen. Zucker, Vanillezucker und Hefe darin auflösen.
  3. Öl, Ei und Milch hinzufügen.
  4. Mehl langsam unterkneten. Und immer weiter kneten. Mit der Hand ca. 10 Minuten lang. Seht es als Hanteltraining für beide (!) Hände. Sonst habt ihr später eine King-Kong-Pranke.
  5. Teig mit einem Geschirrtuch abgedeckt an einem warmen Ort ohne Zugluft gehen lassen, bis sich das Volumen ungefähr verdoppelt hat.

Für die Füllung:

Zucker in die Milch bzw. das Milch-Rum-Gemisch einrühren. Schale von Zitrone reiben und zufügen. Restliche Zutaten dazurühren.

Jetzt geht´s ans Flechten:

  1. Hefeteig in 2 Teile teilen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu 2 Rechtecken ausrollen.
  2. Die Nussmasse möglichst gleichmäßig auf den beiden Rechtecken verteilen.
  3. Teigplatten von der langen Seite her zu langen Nudeln aufrollen und auf jeweils 60-70 cm langziehen. Dabei die offene Kante leicht andrücken, damit die Rollen zusammenhalten.
  4. Die beiden Teigrollen mit einem Messer in der Mitte quer durchschneiden, sodass ihr jetzt 4 Stränge habt. Diese nochmals langziehen, denn sie sollen ja alsbald miteinander verflochten werden.
  5. Jeden Strang längs einschneiden, und mit den Fingern so auseinanderziehen, dass die Nussfüllung sichtbar wird.
  6. Ein Backblech mit Backpapier auslegen.
  7. Auf dem Backblech die 4 Stränge miteinander verflechten, sodass ein Zopf entsteht. Hier könnt ihr auch eurer Fantasie freien Lauf lassen. Es muss auch nicht ganz exakt sein. Überstehende Enden wurstelt ihr einfach unter.
  8. Zopf 30 Minuten gehen lassen, bis die Größe sich ungefähr verdoppelt hat.
  9. Ofen auf 170°C, Ober-/Unterhitze, vorheizen und Kranz für ca. 30 Minuten backen.

Damit er schön glänzt: Die Glasur: Rum mit Puderzucker verrühren. Den noch warmen Kuchen mit der Glasur bestreichen. Ein wenig abkühlen lassen und… genießen!

Mit Glasur!

Kleines Esszimmer in Heusweiler. Mit 100% Frauenquote

Cafe Bistro Kleines Esszimmer Heusweiler Saar

Oh, wie schade! Gerade erhalte ich von einer netten Leserin die Nachricht, dass es das Kleine Esszimmer wegen eines Wasserschadens nicht mehr gibt. Aber es gibt Hoffnung: Frau Trenz wird einen neuen Kaffeetreff, das Café Ottilie, betreiben. Damit ihr euch fortan im Riegelsberger Markussehaus verwöhnen lassen könnt, verlinke ich euch einen Artikel aus der Saarbrücker Zeitung.

Würde mich aber freuen, wenn ihr meinen Artikel dennoch lesen. Vielleicht bekommt ihr ja so zusätzlich einen leckeren Vorgeschmack auf das neue Café.

Dass das saarländische Heusweiler ein rühriges Städtchen ist, wussten wir ja schon, da die Restaurant– bzw. Café-Dichte hier besonders hoch ist. Doch seit ein paar Jahren bereichert das Café-Bistro Kleines Esszimmer die kulinarische Landschaft im Köllertal. Der Service ist freundlich, aufmerksam und dezent. Außerdem macht Frau Trenz sich Gedanken um jahreszeitliche Deko wie auch Hintergrundmusik, was sich wunderbar auf die eh schon gemütliche Gesamtatmosphäre auswirkt. Kaffee und Tee wird in individuellem Geschirr von Blümchen & Co. serviert, damit es gleich heimelig wird. Denn wer hat schon das Komlett-Sortiment von Meißen zuhause? Müssen wir beim Kaffeetrinken auch nicht vornehm den Finger abspreizen…

Ihr findet das Kleine Esszimmer in der Saarbrücker Str. 16 in 66265 Heusweiler. Wer keinen hauseigenen Parkplatz mehr erwischt, findet auf dem Markt oder gegenüber dem Café ganz sicher einen. Kleines Esszimmer: Das Richtige, um sich an einem trüben Herbstnachmittag mit ein paar frischgebackenen Waffeln in köstlichen Variantionen aufzuheitern. Denn die scheinen der Betreiberin, Larisa Trenz, besonders am Herzen zu liegen. Dabei bietet sie auch kleine Gerichte, selbstgebackenen Kuchen sowie ein leckeres Frühstücksbuffet an.

Zu einem solchen hatte meine Schwiegermutter unlängst ihre Tennisfreundinnen ins Kleine Esszimmer eingeladen und war hellauf begeistert. Das Kaffeekränzchen ebenfalls. Denn seither landen die Damen, und wiederum deren Freundinnen, in sozusagen konzentrischen Kreisen immer häufiger in der hübschen Gastwirtschaft. Wer möchte, kann die Räumlichkeiten auch exklusiv für eine eigene Veranstaltung buchen. Sich wie „dahemm“ fühlen, ich denke, das kann man im Kleinen Esszimmer. Klickt mal drauf! Dann seht ihr auch, dass die fleißige Frau keinen Ruhetag hat. Und vielleicht trefft ihr auch meine Schwiegermutter, die, auf dem Plüschsofa sitzend, genüsslich eine Waffel schmaust.

Von der Leine, aber nicht von der Rolle: Jazz in der Kettenfabrik

Kettenfabrik Saarbrücken St. Arnual Jazz Konzert Event Saarland

Welche Konzerte finden wann in der Saarbrücker Kettenfabrik im Stadtteil St. Arnual statt? Das Team des rührigen Jazzclubs ist mit Herzblut dabei, wenn es darum geht Jazzfans mit Events der Extraklasse zu erfreuen. Die sind in der alten Industrieanlage stets klein, aber fein. Und vor allem: Handverlesen. Ich verlinke euch einfach mal auf die Website der Kettenfabrik. Dort könnt ihr euch auch für den Newsletter anmelden, auf dass ihr kein Konzert mehr verpassen möget!

Das Logo der St. Ingberter Kettenfabrik. Mit freundlicher Genehmigung der Organisatoren.
Beitragsbild: Steffen C. Weber auf Pixabay

Turin: Emsig, laut, elegant, gelassen

Italien Turin Reise Tipp

Wo soll ich bei einer Stadt wie Turin anfangen? Sie ist riesengroß, dabei aber so umsichtig, ja, schachbrettartig geplant, dass ein Sich-Verlaufen im Prinzip ausgeschlossen ist. Und sie wimmelt von eleganten Menschen jedweden Alters. Einer teutonischen Ente gleich watschele ich auf breiten Korksohlen durch das pittoreske System aus Gassen, Boulevards, Piazze und Arkadengängen. Diametral entgegengesetzt zu jenen Damen, deren zierliche Sandaletten mit Riemchen, Blümchen, falschen Diamanten geschmückt sind und damit sommerliche Leichtigkeit vermitteln. Allesamt schweben diese jungen Damen schlank und braungebrannt, mit langen, rabenschwarzen, perfekt geplätteten Haaren, auf Stöckelschuhen oder zierlich flachen Ledersöhlchen durch Turin. Noch dazu hatte irgendjemand etwas von schlechtem Wetter erzählt. Die Sonne allerdings wusste davon nichts, briet mich in herbstlichem Strick bei 28°C. Hurrah, ich hatte kurze Jeans und ein langärmeliges T-Shirt dabei! Die waren eigentlich für Wanderungen im kontaktarmen Grün gedacht. Kurz und gut: Ich sah stämmig aus. Sollte ich, so stellte sich mir die bange Frage, auf leckeres Gelatti verzichten, mir die pistaziencremegefüllten Hörnchen, gar die Profiteroles mit gesüßter Sahne verkneifen, damit der Knopf meiner Jeans, sollte er schon nicht abspringen, wenigstens nicht von übermäßigem Bauchspeck eingeklemmt würde? Mein Mann, wie immer hilfreich und gut, meinte gar, meilenweit sei mein Erscheinen von dem hier angesagten italienischen Chic und Haute Couture entfernt. Danke! Sollte ich auch noch die Spaghetti weglassen? Den primi piatti keine secondi folgen lassen? Das könne ich vergessen, half mein Mann weiter, mein Knochenbau sei anders. Noch nie habe er so viele hübsche, junge Menschen an einem Platz gesehen. Doppeldanke!

Im weiteren habe ich nur ältere oder ebenfalls stämmige Menschen fotografiert. Nein. Spaaaß! Lustigerweise verleihen auch andere weibliche Reisende, die ich getroffen habe, ihren Erfahrungen mit dem Modebewusstsein norditalienischer Städte anschaulich Ausdruck. In wahlweise bewunderndem Raunen oder abfälligem Geschnaube. Allen Frauen, die sich auf Reisen zweckmäßig und bequem in Filzjacke und festes Schuhwerk kleiden, rufe ich hiermit zu: „Bleibt, wie ihr seid! Ihr seid nicht allein.“ Obwohl schon der Tausch meines knallblauen Schlabberpullis gegen ein trendiges, schwarzes Oberteil – innerhalb des persönlichen Bezugsrahmens, versteht sich – meine Stimmung eklatant hob.

Wenn frau sich nach ungefähr zwei Tagen mit der Übermacht allgegenwärtiger weiblicher Hyperanatomie abgefunden hat, wird ihr Augenmerk unweigerlich zu den ebenfalls im Überfluss vorhandenen architektonischen Schönheiten switchen. Großartig, venezianisch, maurisch, klassizistisch – Turin hat alles zu bieten. Es lohnt sich, den Blick von den üppigen Auslagen der Geschäfte in die Höhe schweifen zu lassen. Wunderbar ist es auch durch die vielen Bogengänge zu schlendern, die verschnörkelten Pfeiler, Gewölbekonstruktionen, die Böden aus feinstem Marmor zu bestaunen. Außerdem beherbergen die Arkaden unzählige Cafés, Bars und Trattorien mit all ihren Köstlichkeiten. Wenn ihr wissen wollt, warum noch immer so viel Plastikmüll unseren Planeten zerstört, findet ihr die Antwort auf den hiesigen Wochenmärkten, die grell, bunt und absolut bedenklich sind. Allerdings gibt es hier auch die schmackhaftesten Trauben, die süßesten Pfirsiche und, da es sich um eine Tuchregion handelt, auch wunderschöne Baumwollstoffe.

Die Parks: Überquert ihr vom Stadtzentrum aus die große Brücke über den Po, gelangt ihr rechterhand nach knapp einem Kilometer in einen großen Park namens Valentino. Er beherbergt nicht nur eine mittelalterliche Burg nebst ebensolchem Dorf sondern auch den Botanischen Garten, allesamt äußerst sehenswert. In den weitläufigen Grünanlagen könnt ihr die TurinerInnen bei ausgelassenem Tanzen in einer Freiluftdisco, versonnenem Yoga, beim Spielen mit ihren Kindern und/oder Hunden erleben. Vorsicht ist geboten bei den verlockenden Stufen zum Po hinunter. Eigentlich möchte man sich nur die Füße kühlen und vips! rutscht man auf dem grünsten, glitschigsten Algenbelag aus, den ihr euch vorstellen könnt. Bestenfalls landet ihr auf dem gleichnamigen Körperteil. Nur meinem überaus trainierten Körper (Hi!) ist es zu verdanken, dass mein Steißbein nun keinen Aufwärtsbogen beschreibt. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass oben erwähnte Gesundheitssandalen mit Korkfußbett wasserdicht sind und schnell trocknen. Habe sie dann auch beim späteren Plantschen im Meer einfach angelassen. Wegen der glatten Kieselsteine. Hatte was von Gewichten an den Füßen. Durchaus sportlich. Ragten meine beschuhten Füße aus dem Wasser, hätte man sie glatt für zwei Meeresschildkröten halten können. Parco Valentino also: Nehmt auf den zierlichen Eisenstühlchen Platz, kauft euch an einem der zahlreichen Kioske einen Espresso, schlendert unter den hohen Bäumen hindurch, knabbert an einem wirklich hervorragenden Eistütchen und fragt euch, warum die Turinenden in diesem Park so glücklich aussehen. Sie laufen sogar freiwillig durchs getrimmte Grün um mit langen Zangen Müll aufzupicken. Etwas im Pulk zu tun, ist hier übrigens in. Ein Renner ist der sogenannte Sausage Walk. Auf dem Schlossplatz hatten sich gegen 10 Uhr etwa 30 Teckel nebst Frauchen/Herrchen eingefunden, um gemeinsam einem unbekannten Ziel (Das sei ja das Besondere!) entgegenzustreben. Es würden, so versicherte man uns, noch deutlich mehr werden. Allein, ich war noch nicht bereit für dieses Wackeldackeln, denn ich hatte ja gerade erst mein „Zierliche-Riemchen-Trauma“ überwunden. Und so liefen wir schon mal vor. Kamen gerade rechtzeitig zu einem anderen turintypischen Event, dem Zusammenstoß zwischen einem Pkw und einer Vespa. Gerade rappelten sich zwei junge Damen in Skinny-Jeans vom Asphalt hoch. Gott sei Dank unversehrt. Auf Ampeln achtet hier so gut wie keiner. Jeder rettet sich irgendwie über die Fahrbahn, hofft aufs´´ Überleben in einer wenig verkehrsberuhigten Metropole. Allerdings gewöhnt man sich auch daran, hoppelt alsbald mit den anderen über zuweilen unebene Pflastersteine, wendet wagemutig, um mit einem pinkfarbenen Tütchen das aufzuklauben, was Fiffi soeben als seine Interpretation des Sausage Walks abgeseilt hat. Gerüchteweise gibt es neben der Straßenbahn in Turin auch eine U-Bahn. Ähm, ehrlich gesagt, haben wir die Zugänge nicht gefunden…

Die Bogengänge: Wunderschön anzusehen, im Sommer schattenspendend, im Winter vor Zugluft schützend, prägen sie das Stadtbild der norditalienischen Stadt. Besonders interessant finde ich, dass es hier noch genuine kleine Geschäfte gibt. Buchhandlungen, Boutiquen, alteingesessene Schuhmacherwerkstätten à la Pinocchio. Pasticcerie locken die TurinerInnen auf die Straße. Man könnte sogar sagen: In Massen. Hunderte von Cafés bieten kleine, köstliche Gebäckstücke an, begleitet von einem Cappuccino, dessen schneeweißes Milchhäubchen seidig glänzt oder einem Espresso, der die Augen auf Untertassengröße erweitert. 10 Varianten von Aperol Spritz trinken, Tramezzini – Turiner Sandwiches –  verspeisen gehört hier zum Tagesgeschäft. Besonders gut schmeckt all das an einem Samstagabend, kurz vor Geschäftsschluss im Caffè Nuovo Nazionale, Via Accademia Albertina 1. Von hier aus kann man sie ungeniert betrachten: Den Herrn Im feschen, stahlblauen Anzug, die Dame im tief dekolletierten, körpernahen Cocktailkleid, falsche Wimpern bis zum Haaransatz, Gucci-Handtaschen, echte wie gefakte…

Einer angesagten, vorgelagerten Piazza, der Piazza Palatina, haben wir es zu verdanken, dass wir in unserem Appartement von einer ständigen Geräuschkulisse aus Stimmengewirr, Gläserklirren Geschirr-/Besteckklappern, knatternden Motoren umgeben sind. Noch nachts um zwei, drei. Dann wird es leiser. Bis jemand von den umliegenden Restaurants, Cafés, Gelatterien, Bars um Viertel vor Vier beschließt, Hunderte von Flaschen in einen Container zu entsorgen. Dreimal hintereinander. Und dann nochmal um fünf. Nach vier Tagen hat man sich daran gewöhnt, hebt nur noch lässig ein Augenlid um dann weiter zu schlummern. Woher, so frage ich mich, haben die Turinenden die Ausdauer für diese permanente Kommunikation und Konsumation diverser Getränke und Speisen, welche am Wochenende ihr absolutes Crescendo findet? Sicher denken Sie jetzt, das sei nicht schön geschweige denn erholsam? Doch, abstruserweise ist es das. Denn es ist so anders. So italienisch.

Es ist warm, es gibt viele Autos, viele Menschen. Irgendwie ist immer jemand am Reden. Es riecht nach Pizza, süßem Gebäck, Mandeln. Mancherorts auch nach etwas, was ebenfalls mit Pi anlautet. Schieben wir es auf die Hunde, die hier ebenfalls in Massen, an der Leine geführt werden. Zumeist kleine, denn die lassen sich beim Shopping schnell in der Chanel-Tasche verstauen. Turin scheint hundeverrückt zu sein. Nicht selten werden wir angehalten, weil jemand unsern kleinen Dackel Nuri „bellissimo“ findet, ihn gar ausgiebig herzt. Das tun hier sogar die schnieken Herren im Anzug. Sogar ein obercooler Designer in schwarzer Tuchhose und ebensolchem Rolli, auf der Nase die obligatorische Hornbrille, fand unser Dackelchen zum Niederknien. Ein klarer Fall von Triebsublimierung. Obwohl… solche Kneeling Ovations bekam ich nicht mal vor dreißig Jahren. Und zu trinken gibt es für die vierbeinigen amici auch überall. Unsere Wohnung erklimmen wir übrigens über gezählt 96 Stufen. Eine sportliche Angelegenheit. Die Katzenklappe in Richtung ewige Jagdgründe haben wir gleich mal verriegelt.

Von dem kleinen vorgelagerten Steinbalkon aus, gehalten durch rostige, filigrane Metallgeländer, geht es beachtlich in die Tiefe. Vorbeisegeln würde man an einem Haufen anderer baufälliger Balkone, durstiger Sukkulenten, nicht gurrender Taubenpärchen sowie zum Trocknen aufgehängter Unterwäsche. Da blicken wir doch lieber geradeaus auf die lichtgraue Kuppel des Turiner Doms mit dem weltberühmten Grabtuch, die weißen Sonnenschirme und das Kopfsteinpflaster der Piazza. In der Ferne grüßen die schneebedeckten Alpen. An die mit Eisenspangen verstärkte Tafeldecke aus Eiche, direkt über unserem Bett, mussten wir uns ebenfalls erst gewöhnen. Unsere Wohnung punktet dafür mit WiFi, einer Waschmaschine sowie einer dieser typischen Kaffeezbereiter, wo das Wasser durch ein Rohr nach oben drückt um durch das Kaffeepulver im Sieb wieder nach unten zu fließen. Was braucht man mehr?

Überhaupt: Die Via Porta Palatina, ein römisches Stadttor ist Namensgeber, ist der ideale Ausgangspunkt für die angesagten Viertel in und um die Altstadt. Hier gibt es kleine Gassen mit Restaurants aller Preisklassen. Oft besucht haben wir das Palatino Ristorante, wo ihr zu gutem Preis-Leistungsverhältnis von Calamari bis Panna Cotta viele traditionelle Gerichte bekommt. Viele Einheimische essen hier. Ein gutes Zeichen, sagt mein Mann. Der Salat ist lecker angemacht, die Portionen so angelegt, dass man satt wird. Während das Jungvolk vor der Inkneipe nebenan Schlange steht, um ein paar schüttere Nudeln aus einer hippen Bowl aufzupicken, rücke ich mein wohlgefülltes Bäuchlein zurecht. „Du bist genau dort, wo du gerade sein sollst.“ Lautet nicht so ein bekanntes Yoga-Mantra?

Wer Abwechslung zu italienischem Superfood möchte, findet im Daiichi Sushi-Schiffchen und excellente Thai-Gerichte. Shoppen könnt ihr überall. Natürlich gibt es auch die berühmt-berüchtigten Einkaufsstraßen wie die autofreie Via Garibaldi oder die Via Po. In der Via Roma gönnen sich die Betuchteren eine Kleinigkeit von Prada & Co. In den Nebenstraßen findet ihr dann die kleineren Läden. Die Straßen um den Corso Emanuelle II sind weitläufiger, bieten ebenfalls wunderschöne Arkadengänge mit vielen Restaurants und Geschäften. Ein Blick lohnt sich auch in die wunderschönen historischen Apotheken bzw. Drogerien, die sehr schöne Pflegeprodukte aus heimischen Wildpflanzen anbieten, z.T. sogar eigene Kosmetikserien kreieren. Nach ausgiebigem Shopping könnt ihr in den Giardini Reali, den königlichen Gärten, entspannen. Dort ist auch das Caffè Reale Torino, das Einheimische nach einem Besuch der ebenfalls dort befindlichen Museen gerne aufsuchen. Regnet es, sollte ihr die Galleria Subalpina mit historischem Caféhaus/Restaurant sowie einem interessanten Antiquariat besuchen. Unter einem Glasdach hört ihr dann dem prasselnden Regen zu. Ebenfalls einen Besuch wert ist die Galleria San Frederico. Sehen und gesehen werden heißt es rund um das berühmte Caffe Torino an der Piazza San Carlo. Gönnt euch eine der üppigen, herzhaften Aperitivo-Platten um den Abend gebührend einzuläuten.

Modisch: Dante und seine Beatrice

Filmenthusiasten sollten das interaktive Filmmuseum besuchen, das im Turm der sehenswerten Mole Antonelliana eingerichtet ist, Hobby-Archäologen das Ägyptische Museum, Autofans das riesige Automobilmuseum. Aber, weil das Wetter so schön war…

Turin ist die Hauptstadt der norditalienischen Region Piemont. Im Nordwesten erheben sich die Alpen, sodass man sich an klaren Tagen an einer wunderschönen Bergkulisse erfreuen kann. Mit ca. 871.000 Einwohnern ist Turin Italiens viertgrößte Stadt. Bekannt ist sie für ihre großartige Architektur, gutes Essen, Autos und Fußball und, wie wir jetzt wissen, haufenweise schöne Frauen.

Für einen Abstecher an die Küste müsst ihr ziemlich viel Fahrzeit einräumen. Über die Autobahn ca. 2 Stunden (Baustellen!), über die Landstraße vier. Das ganze mal zwei. In Ligure Finale gibt es einen Hundestrand, damit ihr mit Vierbeiner in einer pud(d)elwarmen Adria baden könnt. D.h. falls nicht zwei ponygroße dänische Doggen auf Frischfleisch warten, wie in unserem Falle. Liegen, Sonnenschirm nebst Wassernapf sind für ca. 19 Euro/1/2 Tag zu mieten. Die Küste ist recht steinig, gesäumt von Fisch- und Hamburgerrestaurants und Parkplätzen. Dennoch fand ich´ s pittoresk. All die rosa-, lachs- und ockerfarbenen Häuser mit ihren grünen Fensterläden und schnörkeligen Eisenbalkons. Besonders die verkehrsberuhigten Sträßchen hinter der Strandpromenade sind hübsch. Esst ein Profiterole, einen Mini-Windbeutel mit gesüßter Sahne, und genießt das Dolce Vita.

Blick in die Tiefe: Aus dem Fenster unseres Appartements

Wer ein bisschen Piemonteser Wein-Luft schmecken möchte, begibt sich Richtung Langhe. Den Weg dorthin, von Turin aus, fand ich oberhässlich. Flachland, Industriegebäude, Maisanbau, Tankstellen, Supermärkte. Um und in den kleinen Städten Alba, Asti sowie Allesandria ist es nett, aber nicht umwerfend. Hatte allerdings das Gefühl, dass wir womöglich diagonal an den Hotspots vorbeigefahren sind. Manchmal hat man eben nicht den richtigen Riecher.

Schön war der Abstecher in die Valli die Lanzo. Dort befindet sich auch der sehenswerte Parco la Mandria mit einheimischen Tieren und Pflanzen, wo Hunde allerdings nicht erlaubt sind. Da wir mit unserem Nuri wandern wollten, fuhren wir weiter nach Lanzo Torinese. Eineinhalb Stunden habe ich Blut und Wasser geschwitzt und den Weg zur Teufelsbrücke beschritten. Dann wurde es für mich zu klettrig. Trotz meiner Wanderschuhe hatte ich das Gefühl auf rutschigen Dino-Eiern zu wandeln. Das ging nicht jedem so, denn lächelnd kam uns ein Herr entgegen gejoggt. Bin ein Angsthase. Gebe es zu. Im Ort selbst, haben wir vor der Bar Pasticceria Al Torcet wieder mal ausgezeichnete Profiteroli gemampft um meine Seele zu glätten. Die freundlichen Besitzer, echte Spaßvögel, haben uns sogar über das Außenmegafon verabschiedet. So erfuhr das ganze Dorf, wer wir sind und was wir wurden. Also: Gutes Schuhwerk für das Wandernetz der Valli di Lanzo ist anzuraten, sonst gibt es Windbeutel mit Ansage!

Was bringt man mit? Das Piemont ist berühmt für seine kulinarischen Köstlichkeiten. Natürlich Wein, Kaffee, aber auch weiße Trüffel, Nougat und in buntes Papier verpackte Amaretti. Die sind sogar gluten- und weizenfrei. Außerdem Feingebäck mit Pistaziencreme und Haselnüssen. Dann gibt es die traditionellen Tuchwebereien, deren Produkte ihr in ausgewählten Läden kaufen könnt. Oder auf dem Markt wie wir bei Le.Stoffe.di.Dario. Ausgefallenen, erschwinglichen Schmuck findet ihr bei Vestopazzo. Die Designs aus recyceltem Alu sind besonders schön. Würde sie archaisch im besten Sinne nennen.

Auf dem Weg: Das Aosta-Tal, umgeben von schneebedeckten Berggipfeln ist wunderschön. Aber das ist eine andere Geschichte…

Besançon, die Stadt des blauen Steins und der zahlreichen Schornsteine, ist ein beschauliches Städtchen, in dem die Künste großgeschrieben werden. Einen Besuch unbedingt wert. Schon wegen ihrer freundlichen, offenen Bewohner. Das umgebende Département Doubs lockt mit herrlicher Natur.

Würden wir nochmal nach Turin fahren? Auf jeden Fall, denn es gibt noch so viel zu entdecken. Stelle mir die Stadt auch im Winter reizvoll vor. Einer Sache bin ich mir jedenfalls sicher: Weder weiß man, wo man bei Turin anfangen, noch, wo man aufhören soll. Fahrt mal hin! Einen schönen Herbst wünscht euch

Stina