Erinnerung an Vic-sur-Seille

Pays Saulnois

VORAB: KLEINER NACHDENKLICHER EXKURS

Vic sur Seille

Es gibt Tage, an die möchte man sich immer wieder erinnern. Wie an jenen in Vic-sur-Seille, einem Städtchen mit einem Hauch Romeo und Julia. Doch häufig schwirren wir von einer Attraktion zur nächsten, lassen einen Ort allzu schnell hinter uns, um Neues zu entdecken. Rastlosigkeit nennt man das wohl. Wie oft habe ich mir schon gesagt: An diesen Ausflug, an diesen schönen Tag will ich mich noch ganz lange erinnern. Ich werde ihn mir immer wieder hervorholen um mich daran zu erfreuen. Ganz so wie das Foto eines geliebten Menschen. Und dann? Der Alltag packt uns mit Macht. Hält uns fest im Griff. Verdrängt, die wunderbaren Augenblicke! Es bedarf schon einer riesigen Kraftanstrengung, das kleine, gut verschlossene Päckchen unserer Erinnerung wieder hervorzuzaubern. Einmal habe ich ein Buch über eine sibirische Schamanin gelesen. Sie empfahl, jeden Abend vor dem Einschlafen ein Bild, ein Foto zu betrachten, das einen selbst in einer glücklichen Situation zeigt. Zur Verjüngung sozusagen. Um uns dem nahezubringen, was uns ausmacht. Was wir uns wünschen. Wo wir gerne nochmal wären. Ich versuche das manchmal mit Musik, oder einem Buch, das mir kostbare Stunden beschert hat. Meine Favoriten sind dabei Kenneth Grahames „Wind in den Weiden“ und die frühen Inspector-Jury-Romane von Martha Grimes. Ich denke, es funktioniert, das Zurückbeamen. Wir sind ja nicht nur, als was wir heute erscheinen. Und sind wir denn das, wovon wir glauben es zu sein? Alte Fragen, ich weiß. Häufig weiß man eher, was man nicht ist. Was man erlebt hat, aber nicht mehr erleben möchte. Und wie lautet die positive Antwort? Ich arbeite dran.

ZUFRIEDENHEIT. Ich meine das ganz wörtlich. Ich möchte keinen Anfeindungen, von welcher Seite auch immer, ausgesetzt sein. Ja, wir wachsen an unseren Herausforderungen. Aber ehrlich: Wer befindet sich schon gerne in einer Situation, in der er gemobbt, ausgenutzt oder gar erniedrigt wird? Ich für meinen Teil halte es da lieber mit Lemmy von Motörhead, der folgenden markigen Rat an die Menschheit weitergab: „Haltet euch von den Idioten fern!“ Drastisch, ja, aber im Kern gesundheitsfördernd. Tatsächlich traf ich auf meinem bisherigen Lebensweg eine nicht geringe Zahl Angehöriger oben genannter Spezies. Getarnte und ungetarnte. Dachte, ich könnte sie durch super tiefgründige Gespräche ändern. Wurde enttäuscht. Nährte damit jene Melancholie, die vielen Jugendlichen eigen ist. Schätze mal, eine Unterhaltung mit mir war häufig schwerverdaulich, denn ich war eine ganz normale, unsichere Jugendliche, die sich nicht vorstellen konnte, einmal über 50 zu werden. Denn wie konnte man mit all der Trauer über die bereits verlorene Welt (Atomkraft? Nein danke!) überleben? Eine Welt, die zudem noch so viele falsche Fünfziger bereithielt. Tja, ich hab´s geschafft, und so viel mehr entdeckt, wofür es sich zu leben lohnt. Jetzt, mit 57, fühle ich mich stark und voller Energie. Es gelingt mir immer mehr offenen Herzens zu erleben. Natürlich würde ich gerne schreiben, dass es mir langsam egal wird, was andere über mich denken. Ist schon besser geworden, aber ich bin wohl noch nicht bereit fürs vollkommene Darüberstehen. Ich werde wohl noch mit achtzig (hoffentlich!) auf der Yogamatte liegen und beim obligatorischen „Lass los!“ erst recht ins Nachdenken über irgendeine blöde Situation kommen. Aber wenn ich z.B. in meinem Garten in der Erde buddle oder den Blumen beim Wachsen zusehe, dann fühle ich mich nicht darüber, nicht darunter, sondern mittendrin und denke: „Hej, du bist Teil von etwas Großem. Nimm dich nicht so verdammt wichtig. Sei achtsam für das, was dich umgibt, wozu du gehörst. Lebe mit offenem Herzen UND HALTE DICH VON DEN IDIOTEN FERN!

Vic sur Seille Grand Est

Was ich also eigentlich erzählen wollte, war, dass mein Mann seine Leidenschaft für Campingutensilien entdeckt hat. Er nennt jetzt einen kleinen Gaskocher, eigentlich nur eine Gaskartusche, sein eigen. An den Grundmauern des Schlosses von Vic-sur-Seille hat er uns einen Espresso gekocht. Zwei schmucke Tässchen hatte er mitgebracht. Einen Löffel und Zucker. In einer Bäckerei am Ort hatten wir zwei Pâtés de Lorraine erstanden, die wir dazu verzehrten. Eine merkwürdige Kombination – zugegeben. Gleichzeitig besser als jedes Fünf-Gänge-Menü. Ich werde das nie vergessen: Über uns eine Platane (Oder Kastanie? Jedenfalls ein Baum). Die Vögel – ganz wichtig – zwitscherten.  Unser kleiner Dackel wartete auf einen Happen Pâté – ganz ungesund – und wir überlegten unsere nächsten Schritte. Denn in  Vic-sur-Seille kann man einem Rundgang von 1,5 Stunden folgen, den wir in etwas unorthodoxer Reihenfolge angetreten hatten. Den Plan zu diesem Parcours historique erhält man im ortsansässigen Touristenbüro, wo eine sehr kompetente junge Dame im Feen-Outfit, schwarzer Spitzenrock und Gothic-Mieder, die Region des Pays du Saulnois vertritt.

Wer am Place Jeanne d´Arc parkt, trinkt am besten erst mal was im gegenüberliegenden Café, bewegt sich dann geradeaus auf das Office du Tourisme zu, das an sich schon sehenswert ist, befindet es sich doch im Hôtel de la Monnaie, einem gotischen Gebäude von 1456. Um die fünfzehn Hotspots – Gebäude aus Renaissance und Gotik, einen Bauernhof aus dem 18., das Château des Évèques de Metz aus dem 17. Jahrhundert, das Dominikanerkloster oder das wunderbare Tympan sculpté aus dem 14. Jahrhundert zu entdecken, wandert man über sonnenbeschienene Plätze, durch schummrig-mittelalterliche Gassen; späht hie und da über Glyzinien-überwucherte Mauern, durch schmiedeeiserne Tore in verwunschene Gärten und Innenhöfe und fragt sich, ob man sich noch im Hier und Jetzt befindet. So südlich, so zeitvergessen mutet das Örtchen an. Wären da nicht die parkenden Autos, so könnte man sich leicht einen schmachtenden Romeo vorstellen, der zu seiner Julia auf einen mehr oder weniger massiven Holzbalkon klettert.

Vic sur Seille eglise

Nur wenige Touristen verirren sich hierher, was den Charme des hell sandsteinfarbenen Vic-sur-Seille indessen nur steigert. Ein besonderes Highlight ist das Museum zu Ehren Georges de la Tours, der 1593 hier das Licht der Welt erblickte. Als einer der berühmtesten Barockmaler Frankreichs ist er nicht nur im Louvre sondern auch im Metropolitan Museum of Art vertreten. Der Falschspieler mit dem Karo-Ass und den Verdacht schöpfenden Protagonisten von 1635 ist eines seiner bekanntesten Werke. Aber selbst wenn ihr, wie wir, keine Zeit mehr für einen Museumsbesuch habt: Geht einfach offenen Auges durch den Ort und schaut auch mal nach oben. Dann entdeckt ihr vielleicht sogar das steinerne Schweinchen an einem Hausgiebel.

Tympan sculpté

Was ist eigentlich Vic-sur-Seille, und wo liegt es?

Vic-sur-Seille ist eine französische Gemeinde mit ca. 1300 Einwohnern im Département Moselle in der Region Grand Est. Es liegt im Arrondissement Sarrebourg, Château-Salins. Am charmantesten beschreibt es die ortseigene Webseite:

„Die Vergangenheit unserer kleinen Stadt, die vom Wasser der Seille gebadet wird, ist seit langem von Wohlstandsperioden geprägt, die mit Salz, Weinbau und der Anwesenheit der Bischöfe von Metz verbunden sind, die ihre architektonische Originalität stark beeinflusst haben. Neben dem Museum, das den Namen des berühmtesten Kindes des Landes, Georges de La Tour, trägt, verbirgt Vic-sur-Seille eine Vielzahl von Kuriositäten in seinen engen und gepflasterten Straßen, einer Reihe von Gebäuden mit bemerkenswerter Architektur… Wie jedes Stadtzentrum, die ehemalige Hauptstadt eines Kantons, investiert Vic-sur-Seille weiterhin in seine Zukunft und konzentriert sich auf die Verbesserung und den Schutz seines Erbes, seiner Landschaftsgestaltung und seiner Entwicklung. Tourismus und Shopping, assoziative und festliche Aktivitäten. Besucher oder neue Einwohner, wir hoffen, dass Sie auf dieser Website mit Neid unsere kleine Stadt sowie diejenigen und diejenigen entdecken können, die sie reich machen.“

Essen könnt ihr übrigens u.a. im Restaurant Bistro des Amis, direkt am Place Jeanne d´Arc, oder im Traiteur L´évent, das mit experimenteller und innovativer Küche auf regionaler Basis wirbt. Weitere Infos findet ihr hier und hier.

Unser kleiner Stadtrundgang fand schon Ende Juni statt. Kurz nachdem die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland wieder offen, und die erste Corona-Welle überstanden war. Ich habe seitdem häufig an diesen friedvollen Ausflug in dieser besonderen, außerhalb von Zeit und Raum liegenden Stadt gedacht. Heute habe ich meine Erinnerungen wieder hervorgekramt und darin geschwelgt. Alles, was man dazu braucht, ist etwas Zeit. Wusstet ihr übrigens, dass der Dalai Lama eine neue CD gemacht hat? Ein Gebet mit musikalischer Untermalung. Läuft gerade im Hintergrund. Verstehe kein Wort. Muss ich aber auch nicht. Ist trotzdem schön.

Vic sur Seille Zentrum

Haltet die Ohren steif! Om!

Eure Stina

Esprits d´Alsace – Imbsheim, Bouxwiller, Uberach und der geheimnisvolle Bastberg

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Spirituelles hat die Schnapsbrennerei – ach, wie viel feiner klingt es doch auf Französisch: Die DistillerieHepp im Sinn. Das traditionsreiche Familienunternehmen unter Leitung von Yannick Hepp wollte nicht nur drei, vier Monate im Jahr Kirschen, Mirabellen und Birnen zu Likören und Eaux de Vie brennen, sondern sich ganzjährig einbringen. Also versuchte man sich 2005 in der Whisky-Produktion. So erfolgreich, dass von gerademal 3 Versuchsfässern auf mittlerweile 600 Fässer pro Jahr aufgestockt werden musste. Destilliert wird in Kupferdampfkesseln, gelagert in Sherry- und Eichenfässsern. „Warum aber“, so frage ich Madame Hepp, „stehen in den gut sortierten Regalen nicht wenigstens 12 Jahre alte Malts?“ „Unsere Whiskies sind so nachgefragt“, erklärt sie, „dass wir einfach nichts auf Lager halten können.“ Ein Hit also, das elsässische Pendant zu irischem, schottischen Single Malt. Und Humor hat der artisan distillateur dazu: Auf einem rustikalen Fass, umgeben von Gläsern steht eine Flasche Johnny Hepp. Irgendwie aus dem Leben gegriffen. Nomen est omen. Das Malz liefert übrigens die bekannte Brauerei Meteor in Hochfelden.

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Die Hepp´schen Schätze

Wir probieren. Wie herrlich! Es ist Samstagnachmittag. Und wir machen eine Whisky- bzw. Obstbrand-Dégustation! Ich beschränke mich eh aufs Schnuppern. Einer muss schließlich fahren. Außerdem wollen wir noch eine Wanderung machen. Äh, wir wollen noch eine Wanderung machen? Gut, aber dann nicht so weit. Erst mal entspannen…

„Einen mirabelligeren Mirabelle d´Alsace habe ich noch nie getrunken.“, schwärmt mein Mann. Die Nase hart am Glas erscheint vor meinem inneren Auge eine pralle, saftige, rotwangige Frucht. Ein Mirakel. Mir fällt der junge Goethe ein, dem auf seiner Frühlingsreise zwischen Traum und Wachen ein wohl ebenfalls pralles, rotwangiges Mägdelein erscheint, das ihm realiter erst viel später über den Weg laufen wird. Denke, er hatte noch eine Flasche Mirabelle in der Satteltasche. Als Neunzehnjähriger, zu Pferde, erkundete er nämlich Lothringen, das Elsass, sogar das Saarland. In Gesellschaft zweier Freunde: Holla, die Waldfee. Da kann einem Dichtung und Wahrheit schon mal durcheinander geraten. Ich mümmele am Williams: Da ist Magie im Spiel! Nachdem im 17. Jahrhundert ein Mönch auf die Idee kam, aus dem Fruchtfleisch der Kirsche ein lecker Eau de Vie zu brennen, ließ sich der Siegeszug der Sparte nicht mehr aufhalten. „Der Destillateur ist ein Handwerker, ein Künstler“, lese ich in der aufwendig gestalteten Broschüre, „der sich im Einklang mit der Natur, den „gesunden“ und „wahren“ Produkten befindet. Diesem Erbe verpflichtet brennt die Familie Hepp seit mehreren Generationen die elsässischen Obstler.“ (frei übersetzt, Anmerkung der Redaktion). Nur die Besten kommen ins Töpfchen: „La sélection est (…) extrèmement rigoureuse“. Aha, extrem rigorose Auswahl. Französisch kann so einfach sein. Wir halten fest: Schnaps ist gesund. Schon mein Vater hat sich bis ins hohe Alter einen Obstler täglich gegönnt. Wohlgemerkt: Einen! Nebst Trockenpflaume.

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Die Obstbrände

Wer die köstlichen Obstbrände und anderen Spirituosen der Familie Hepp kosten möchte, kann sich auf der Webseite über Öffnungszeiten und Angebot der Destillerie informieren. Wer allerdings dunkle Balken, ausgeleierte Ledersofas sowie zigarrenschwangeres Ambiente im Verkaufsraum erwartet, wird enttäuscht. Niemand bläst zudem den Dudelsack oder gar die Tin Whistle. Hallo? Wir sind im Elsass. Man präsentiert sich elsässisch aufgeräumt. Modern, gediegen, pieksauber. Übrigens: Die Destillerie liefert auch zu euch nach Hause. Eine wirklich informative Übersicht zu Whiskies, Herstellung und Produzenten in Frankreich und anderswo findet ihr hier: https://www.ralf-zindel.de/whisky-frankreich/franz%C3%B6sische-whisky-hersteller/distillerie-hepp/

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So. Das war doch schon mal ein beschwingter, inzwischen später Nachmittag. Halt, da war noch was: Die Wanderung. Auf die Anhöhe hinauf, dahin wollen wir. Man sieht sie schon von weitem, zumal ein überdimensionales Kreuz in den Berg gerammt wurde. Circuits de découvertes lese ich auf einem kleinen Schild. Fast hätte ich´s übersehen. Klingt spannend. Achtung, Berg, der Tag geht, Johnny Walker kommt!

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Wunderschöner Garten…

Steht man auf dem Plateau des nordelsässischen Bastbergs, könnte man fast daran glauben, dass sich in hellen Frühlingsnächten runzlige und weniger runzlige sorcieres, Hexen, hier treffen um ihr Unwesen zu treiben. In Deutschland ist es der Blocksberg, in Schweden der Blȧkulla, hier im buckligen Elsass der Bastberg. In illustrer Lage. In unmittelbarer Nähe zu Saverne, dem Tor zum Elsass, und dem Regionalpark Nordvogesen, im Hanauer Land. Der Hausberg des beschaulichen und geschichtlich extrem interessanten Städtchens Bouxwiller.

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Memento mori

Der Bastberg. Unendliche Weiten. 326 Höhenmeter Muscheln auf Kalkstein, weshalb es auch einen geologischen Pfad zu erwandern gibt. Alljährliches Ziel für Sternengucker und Spökenkieker, so, von Juli bis August, der Ciel d’Alsace und die Nuit des étoiles.  „Die völlig paradiesische Gegend“, wie Goethe über den Blick vom Bastberg in die elsässische Ebene mit ihren kleinen Dörfern, auf Vogesen und Schwarzwald anlässlich seiner Frühlingsreise 1770 durch die Region schrieb. Mag sein, dass die Legenden, die um den platten Berg geistern, den Dichter zu seinem Hexentanz in Faust II inspiriert haben. Sollte an der Geschichte vom Hexensabbat auf diversen Anhöhen was Wahres dran sein, dann wünsche ich den Beteiligten einen kurzweiligeren Aufenthalt als den im Oeuvre des Dichterfürsten beschriebenen.

Jedenfalls: Der mystische Berg gilt als Kraft-Ort, Energiespender, Ladestation für Ausgebrannte und Zivilisationsmüde. Zahlreiche Legenden ranken sich um ihn. Was sind das z.B. für kleine Flämmchen, die nächtens auf dem Berg zu tanzen scheinen? Ein Hexenfeuerchen, Irrlichter, die den arglosen Nachtwanderer anlocken, um ihn dann in einer Felsspalte verschwinden zu lassen? Bevor er sich – blubber! – in einer ekligen Krötensuppe wiederfindet? Kein Wunder, dass der Klerus hier ein überdimensionales Kreuz errichten ließ, das man weithin sieht. Auf dem Berg selbst tritt es völlig in den Hintergrund. Zumal ein für Sagenhaftes unabdingbarer Drache hier sein Unwesen treiben soll. Nach einem Gewitter (Warum denn erst danach?) hat er sich ein paar Bauern aufgedrängt, die keinen Sinn für Spirituelles hatten. Gut, dass gleich ein Priester samt Kreuz zur Stelle war, um etwaige Besitzansprüche von vornherein abzublocken. Die gesamte Region birgt einen riesigen Sagenschatz. Meist germanischen Ursprungs. Gemischt mit Legenden anderer Völker. Weltvorstellungen eben. Hexen sind da immer trendy. Hässlich, niedlich, als quietschende Wetterfahne – irgendwie mögen es die Menschen ein wenig gruselig. Hexenkessel, merkwürdige Steinbecken, findet man nicht selten in den Vogesen. Auch – und gerade – Hexen müssen der Erotik wegen baden. Grausame Realität des Hexenwahns: Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wurden Tausende von Männern, Frauen und Kindern im Elsass wie in ganz Europa der Hexerei bezichtigt und ermordet. Ich stelle mir den Bastberg in waberndem Nebel, in fahler Dämmerung vor. Man könnte schon auf Unheimliches kommen…

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Zwei, die sich auskennen.

Ein Paar aus Bouxwiller in wetterfester Kleidung, erzählt uns von seiner schönen Gegend. Stolz sind die beiden. Auf ihr Städtchen, den Berg, die Wanderwege. Wenn wir Tipps bräuchten… Vielleicht eine Zusammenstellung schöner Touren? Klar, immer doch! Vital wirken die beiden. Ist wohl doch was dran, an der Energie des Berges. Auf den Schautafeln lesen wir vom Sentier géologique, dem Sentier nature mit seltenen Orchideen sowie dem Sentier Patrimoine, der feengelenktes Eintauchen in märchenhafte Sphären verspricht. Vielleicht sogar die Sichtung einer Weißen Frau. Kraxeln muss man dafür nicht, und auch der nächste Gasthof ist nie weit. Auf dieser Seite erfahrt ihr mehr über die circuits de découvertes, die Rundwege für wahre Entdeckungsreisende: https://www.museedupaysdehanau.eu/informations-touristiques/

In Bouxwiller , einem der schönsten Städtchen des Nordelsass, soll es übrigens eine wunderbaren Weihnachtsmarkt geben. Außerdem starten vom dortigen Museum 9 verschiedene Rundwanderwege, darunter ein Circuit Jardins oder der Circuit Fermes. In Imbsheim lockt das s´Bastberger Stuewel mit traditioneller elsässischer Küche und – endlich – karierten Tischdecken. Damit man weiß, dass es in der Gegend um den Bastberg nicht geheuer ist, fliegt schon mal eine riesige Hexe um die Veranda.Imbsheim_alsace_elsass_bastberger_stuewel_restaurant

bastberger_stuewel_imbsheim_elsass_alsace_restaurant_essen_elsässisch_küche_spezialitätAbends im Wintergarten. Über dem Felsen von Dabo geht die Sonne unter. Die Amsel singt ihr trauriges Lied. Ein wenig Melancholie schadet nie. Mein Mann öffnet die zierliche Flasche mit dem Hepp´schen Mirabelle. Der Elektrokamin flackert. Kein Dudelsack pfeift. Wir stoßen an. Wir trinken. Da ist er, der Geschmack des Sommers. Draußen, im dunklen Grün spielen die Elfen. Ein Wichtel klopft an die Scheibe, schwenkt grüßend seine Laterne. Johnny Walker ist längst zuhause. Sein roter Frack hängt lässig über dem Stuhl. Und wir finden das ganz normal…

Auf einen märchenhaften Sommer

Eure Stina

 

Distillerie Hepp